Sunday, December 31

Zwischen Wäsche waschen und Heroinjunkee

Es ist der letzte Tag im Jahr. Die Wäscheberge unserer Reise verschwinden Schritt für Schritt in der Waschmaschine und landen auf der Wäscheleine. Es hat den Anschein, als wären wir drei Wochen unterwegs gewesen. Das Auto haben wir ordentlich geschrubbt; die vielen Heuschreckenschwärme auf den Straßen gen Süden und zurück haben ihr Abbild hinterlassen und sind auch tod noch hartnäckig. Da kann man nur mit Bürste arbeiten. Anschließend den schönen Landcruiser wieder zurück gebracht und fertig.

Der Tag rückt voran und endet für uns (so ist unsere Planung) im Kings Park in Perth beim Picnic mit zwei Freunden. Also noch schnell diverse Häppchen zubereiten und schon geht es um 6.00 in den Park. Ich denke noch im Stillen, warum hier alles immer so früh los gehen muss. Thomas sagt, sonst ist es doch schon dunkel. Na und, begegne ich, es ist doch Sylvester.

Im Park genießen wir den Ausblick auf Perth und das lustige Plaudern über dies und das. Mit zunehmender Stunde gen 24.oo Uhr wird es kälter und feuchter. Es ist halb elf; der erste fängt an zu gähnen, die zweite zu frösteln. Ach ja, das halten wir wohl nicht mehr länger aus. So trennen wir uns um diese Zeit und fahren nach Hause. Und das Feuerwerk? Gibt es nicht.

Auf dem Weg nach Hause wollen wir noch eine Flasche Sekt kaufen, was unmöglich ist. An den Tankstellen bekommt man keinen Alkohol und die Bootleshops haben schon zu. Na gut, dann muss das Bier herhalten.

Wieder in unserer Wohnung beschließen wir auf die Hauptstraße zu gehen und hoffen, vielleicht doch ein Feuerwerk zu sehen (am Scarborough Beach). Da wir uns nicht mitten auf die Straße stellen können, gehen wir zur Bushaltestelle und können dort wenigstens das Bier abstellen und warten. Es ist zehn vor zwölf.

Aus der Ferne sehen wir einen torkelnden Menschen mit einer Flasche in der Hand auf uns zu kommen. Er kann kaum noch geradeaus gehen, aber dennoch auf uns zu. Der Count down läuft und wir sind komplett abgelenkt von dieser Person, die sich nun zu uns gesellt hat.

Er hat sich gerade Heroin gespritzt, die Flasche Whisky fast geleert, ein Foto von seinem Sohn um den Hals und sucht sein Auto. Ah ja. Wir kommen ins Gespräch und erfahren, dass er von seiner Frau getrennt ist (nachvollziehbar) und von dem Heroin nicht weg kommt (eine Spritze = 1000 Dollar; woher hat der das Geld? Diese Frage beantwortet er uns nicht, klärt uns aber über die Leichtigkeit, Alkohol zu klauen auf und dass das für uns Weiße noch einfacher ist. Warum? Weil niemand auf die Idee kommen würde, dass das Weiße tun.). Ich denke so, dass das Klientel ist, dass beispielsweise Anglicare betreut. Das Leben ist eine einzige Ruine.

Wir verständigen uns; in der Ferne hört man das Krachen der Feuerwerkskörper. Sehen können wir es nur nicht. Und wir verpassen den Jahreswechsel. Schnell mit dem Bier angestoßen und "Happy new year" gesagt. Fertig. Das Jahr ist rum. Wir machen, dass wir weg kommen und lassen den jungen Mann stehen, der gerade von einer Horde Jugendlicher umlagert wird (wahrscheinlich wegen dem Whyski).

Wieder zurück, skypen wir mit der Heimat und machen den Fernsehr an. Vielleicht wird ja das Feuerwerk von Sydney noch einmal gezeigt. Die haben ja schon zwei Stunden vorher den Jahreswechsel hinter sich gebracht.

Achtung, diese Sendung ist für Jugendliche unter 15 nicht geeignet. Es kommen Sex und Crime darin vor. Ah, jetzt kommen die Mitternachtsspitzen. Falsch. Es kamen die Musikvideos, die tagtäglich bei Viva hoch und runter gespielt werden. Kein Feuerwerk von Sydney!

Manchmal ist es ziemlich absurd, die Grenzsetzung auf der einen und diese Zügellosigkeit auf der anderen Seite in einem zu erleben. Was für ein Kontrastprogramm.

PROSIT NEUJAHR!

Saturday, December 30



Reise vom: 23.12.-30.12. 2006

Gefahrene Kilometer: ca. 2000 km

Anzahl der Übernachtungen: 7 Nächte

Orte der Übernachtungen: Emu Beach (Albany), Peacful Bay (Walpole), Augusta, Hamelin Bay

Gesehen: Albany, Whaleworld Museum (Albany), Mt. Clearence (Albany), Stirling Ranges (Bluff Knoll), Elephant Rocks, Green Pools, The Gap, Naturale Bridge,Valey of Giants, Pemberton, Mageret River

Aktivitäten: Bluff Knoll bestiegen, Tree Top Walk gegangen, Gloucester Tree hoch geklettert, diverse 4WD Unternehmungen, Besuch der Kirche am 24.12. in Albany, Strandspaziergänge

Anzahl Reisefotos: 440

Anzahl Fotos für die Öffentlichkeit: 85

Schon während unserer Reise kam es uns vor, als wären wir viel länger unterwegs. Die vielen unterschiedlichen Eindrücke konnten gar nicht so schnell verarbeitet werden. Deshalb haben wir uns entschieden, den Mageret River nur über die Caves Road zu durchfahren und ein andermal zu besuchen.
Die größten Herausforderungen für mich waren, den Gloucester Tree zu besteigen und im Meer baden zu gehen.



Sunday, December 24

Erinnerung

Der Himmel ist bedeckt und verdeckt die klare Nacht. Die Sterne und ihre Bilder sind nicht zu sehen. Den Weihnachtsmann haben wir schon aufgegessen :-).

Gestern noch war alles anders. Deutlich zeigte uns der Blick nach oben, wo wir sind. Das Kreuz des Südens machte sich breit und ließ den Himmel erleuchten. Wo sind wir? In Australien!

Weihnachten mit dem einzigen Familienfoto in der Hand, das mich, seit dem ich unterwegs bin, jeden Tag in die Nacht begleitet. Es erinnert mich und weckt meine Sehnsucht.

Hallo Ihr, könnt Ihr mich denn nicht sehen? Warum bleibt Ihr stumm, wenn ich auf Eure Gesichter tippe und im Stillen Eure Namen rufe?

(Ich erinnere mich an das Zustandekommen dieses Fotos: " Ja, stellt Euch so auf, dass von jedem ein Fuß zu sehen ist. Nebeneinander und versetzt. Ja, gut. Klick. Das Foto ist im Kasten. Damit das Zuordnen später nicht schwer fällt, gleich noch ein Foto von Euch mit einem Lächeln. Super! Danke." Das war Ostern 2006 in Lubmin. Zu dieser Zeit wussten Thomas und ich schon, dass wir nach Australien gehen. Unsere Familien noch nicht. Was ich nicht wusste, dass das zweite Foto mein Wegbegleiter nach Australien wird.)

Ich danke Euch.

Weihnachten im "Outback"

Trotz der zivilisierten Umgebung hatten wir keinen Handyempfang mehr. Dann sagen wir immer, jetzt sind wir im Outback. Obwohl das nicht stimmt. Egal, auf einmal fehlt etwas, was beinahe "lebenswichtig" geworden ist.

Unseren Heilig Abend haben wir in Albany verbracht. Um 17.30 sind wir zuällig an einer evangelischen Kirche vorbei gekommen und sahen, wie die Menschen hinein gingen. Konten wir mit unseren kurzen Hosen auch rein? Klar, jeder war willkommen und wurde am Eingang vom Pastor begrüßt. Was uns wohl erwarten würde. Ein Krippenspiel sollte aufgeführt werden. Das kleine Programm versprach Kurzweiligkeit, eine Mischung aus Krippenspiel und Liedersingen. Der Pastor kam erst am Ende zu Wort und sprach alle seelig.

Ganz anders als wir es kennen, erlebten wir die Aufführung der Geburt von Jesus. Alle mitwirkenden Akteure wurden zunächst vorgestellt. Eine junge Frau führte mit ihrem Charme und ihrer Leichtigkeit durchs Programm. Sie las einen Abschnitt aus dieser Geschichte vor und die Akteure spielten die Situation dann nach. Keiner von ihnen musste etwas sagen. Somit konnten viele kleine Kinder mitwirken, die den Text nicht auswendig lernen mussten und blamiert wurden, wenn sie diesen vergessen hatten. Zwischendurch wurden Weihnachtslieder gesungen.

"Silent Night" war das einzige Lied, das wir kannten. Hier schwappten unsere, vor allem meine, Emotionen über und schlugen wie Wellen über mich zusammen. Ich konnte nicht mal mit summen, so fest saß der Kloß im Hals und trieb mir das Wasser in die Augen.

Als das Krippenspiel zu Ende war, wurden alle anderen Kinder gebeten, nach vorne zu kommen und zusammen die Krippe aufzubauen. Am Ende saßen sie dann dort alle zusammen und lauschten den abschließenden Worten des Pastors.

Nach einer halben Stunde war der Weihnachtszauber vorbei, die Tränen getrocknet. Draußen an der Tür noch ein Handdruck vom Pastor und dann wieder weiter.

Monday, December 18

Christmas Carols

Nun ist Weihnachten offiziell mit Liedern und Musik über die Weihnachts- und Winterzeit eingesungen. Diese Tradition geht schon einige Jahrhunderte zurück und wird nicht nur in Australien begangen. Die Menschen treffen sich, zünden Kerzen an und singen gemeinsam.
Am Ende gibt es dann auch schon mal ein Feuerwerk zu sehen.

Während ca. 6000 Menschen sich an der Clock am Scarborough Beach trafen, warenThomas und ich bei Arbeitskollegen zu Gast. Dort machten wir BBQ und genossen bei einem Espresso den Ausblick auf das Feuerwerk. Für einen Moment dachte ich, wir haben schon Sylvester.

Beeindruckt von dem Bemühen der Kollegen von Thomas, uns in ihren Kreis zu integrieren, haben wir den Abend davor bei der Weihnachstfeier von Thomas' Firma verbracht. Im "formal dress" wurde kräftig getrunken und gefeiert. Um 12.00 Mitternacht war pünktlich Schluss und alle strömten nach Hause. Ich war sehr überrascht, wie häufig Thomas angesprochen, mit ihm geplaudert und gescherzt wurde. Er hat seinen Einstieg gefunden und ist sehr gut integriert. Bei so einem Anlass hatte ich Gelegenheit, neue Leute kennen zu lernen und sie mich. Das Interesse an uns "Neuen" war doch recht groß.

Es dauerte nicht lange und der Alkohlpegel in den Adern stieg. Schließlich hatte man ja auch nur ca. 4,5 Stunden Zeit, um kostenlos zu trinken, zu essen und zu tanzen. Ich erinnere mich daran, in diversen Büchern über Australiern gelesen zu haben, dass Ingenieure viel tinken. Das bestätige ich mit dem Zusatz, Frauen auch!

Saturday, December 16

Lost Contact

Der Kontakt nach Hause beginnt Routine zu bekommen. Die täglichen Anrufe, Skypekontakte oder Mails werden kürzer und weniger. Manch einem fällt es gar schwer, auf nur eine Mail zu antworten, geschweige denn von alleine Kontakt aufzunehmen.

Der Startzauber ist vorbei. Anfängliche Interessensbekundungen sind beinahe verflogen oder vom Alltag verschluckt. Keine Zeit mehr, um eine Zeile zu schreiben. Ich verurteile das nicht, bin dennoch traurig darüber. Es ist wie jeden Tag an den Briefkasten gehen und keinen Brief bekommen zu haben. Die Enttäuschung wächst mit jedem Tag.

Ich wundere mich darüber, dass das Internet und seine Kommunikationsplattformen immer noch zu viel Zeit für den ein oder anderen in Anspruch zu nehmen scheinen. Dabei muss man nicht mehr zur Post gehen, weil man keine Briefmarke mehr hat, man muss keinen Umschlag suchen, den man doch noch vor ein paar Tagen in der Hand hatte und jetzt plötzlich nicht mehr findet, man muss nicht fünfmal den begonnenen Brief weg werfen, weil die Handschrift versagt. Wie einfach soll es noch gehen?

Keine Zeit. Was für ein schlagendes Argument. Weiß doch jeder, dass das die erste Antwort ist auf die Frage "Warum schreibst Du nicht?". Elke Heidenreich hat mal gesagt (im Zusammenhang mit "Keine Zeit zum Lesen"), dass das eine schlechte Ausrede ist. Zeit hat man immer, es kommt nur darauf, wofür man sie sich nimmt und wie man mit der eigenen Zeit umgeht.

Das Skypen mit meinem Zuhause ist z.T. sehr lustig. Es beginnen sich Startrituale zu etablieren. Manchmal ist das Mikrophon nicht an, manchmal geht die Camera nicht an und man muss noch einmal wählen. Manche sprechen zu leise oder der Ton geht verloren. Nach kräftigem Schütteln des Mikros funktioniert es dann wieder. Manchmal sitzen wir still vor der Kamera und versuchen von den Lippen abzulesen. Manchmal rufen uns mehrere Leute gleichzeitig an und ich muss eine Sofortnachricht schicken, dass ich gerade mit jemand anderen telefoniere. Einige verstehen diese Nachricht und andere wiederum können mit dem Skypeprogramm nicht umgehen, lesen das also nicht und versuchen es permanent weiter.

Mit dem Faxen ist das auch so eine Sache. Da das Telefon ja nicht sagt "Achtung hier kommt ein Fax, nehmen Sie den Hörer bitte nicht auf, sondern warten sie ab, bis das Papier gedruckt ist". Gar zu häufig war meine Mam zu schnell am Telefon und das Fax musste den Leitungstod sterben. Ich kann aber auch nicht jedes Mal vorher anrufen und sagen, dass gleich ein Fax kommt. Dann kann ich auch gleich am Telefon bleiben. Mittlerweile kann ich etwas anfangen mit den Mails hinsichtlich meiner erfolglosen Faxzustellungen. Ich dachte zuerst immer, dass mein Kontingent erschöpft war. Aber nein, da war jemand zu ungeduldig zuhause :-). Kann ja nur besser werden.

Ich umarme Euch!

W wie Wissenswertes

Buschfeuer: Sicher hört Ihr täglich in den Nachrichten davon, dass es in Victoria und Tasmanien viele Buschfeuer gibt. Alleine in der vorletzten Nacht sind 9 Häuser abgebrannt. Teilweise sind die Flammen 6 meter hoch. Es wird vermutet, dass einer dieser Brände durch das Verbrennen von Müll im Garten verursacht wurde. Ich weiß nicht, ob man diesen Mann schon gefunden hat oder er in seinen eigenen Flammen untergegangen ist.

Haiattacke: Vor ein paar Wochen wurde ein 14- oder 15-jähriger Junge von einem Hai angegriffen und ihm das Bein oberhalb des Knies abgebissen (habe ich schon geschrieben). Nun benötigt er eine Bluttransfusion, die er jedoch ablehnt, weil er Zeuge Jehovas ist (ohne Kommentar).

Aboriginis: Das Treffen mit einer in Australien gebürtigen jungen Frau (mein Alter, also 36) war sehr interessant. Beim Thema Aboriginis hat sie mich gewarnt, diesen Leuten in die Augen zu sehen. Ich sollte sie auf jeden Fall meiden, da sie unberechenbar und sehr "böse" sind. Bei der Rückfrage, wie sie dazu steht, dass hier so viele Kulturen friedlich und integriert zusammen leben, nur die Aboriginis nicht, antwortete sie, dass sie darüber noch nicht nachgedacht hat (wird Zeit!).

Kindergeld: Jede frisch gebackene Mutter erhält 4000 Australische Dollar bei der Geburt eines Kindes und den folgenden. Das hat zur Folge, dass viele jüngere Mädchen schon Kinder bekommen, mit dem Motiv 4000 AD zu kassieren. Sie sitzen z.T. rauchend mit den Kindern im Schlepptau vor den Shopping Malls und haben große Kartons dabei (z.B. Musikanlagen). So kann man das Geld doch viel "sinnvoller" dem Staat zurück geben, oder?

Magersucht: Einer Studie zufolge sind immer mehr 10-jährige Mädchen magersüchtig. Hier fängt eben alles früher an. Bei meiner Beobachtung in den Straßen sah ich dann auch gleich mehr Frauen, die ungesund dünn waren, Mädchen auch.

Briefe versenden: Wenn der Briefumschlag lediglich eine Postkarte enthält und keinen Brief, dann kann man das beim Postamt sagen, so dass der Brief billiger wird. Das beruht auf Vertrauensbasis. Außerdem kann man sich hier seine eigenen Briefmarken kreieren. Wenn Euch eines Tages ein Brief mit unserem Bild auf dem Umschlag erreicht müsst Ihr nicht glauben, dass wir zu Bekanntheit in Australien gekommen sind.

Freundlichkeit: Nicht jeder Australier ist freundlich. Ich beobachte immer mehr gestresste Gesichter in den Läden und ein ungesundes wie auch ungepflegtes Aussehen. Wenn es an die Schließzeiten geht, wird man schon mal beinahe samt Stuhl und Tisch von der Straße geräumt. Da hört die Freundlichkeit auf. Die Autofahrer verhalten sich häufig sehr ungeduldig und reagieren schnell unangemessen (hupen sofort, wenn es eine Sekunde länger dauert). Mitdenken im Verkehr lernt man eben nicht in der Fahrschule.


Thursday, December 14

Es weihnachtet?

Ja überall. Siehst Du denn nicht den Schmuck und die hell erleuchteten Häuser um Dich herum? In der Stadt, da steht ein riesen Baum mit Weihnachtskugeln und die Einkaufspassagen übertreffen sich gegenseitig im Geschmack.

Natürlich sehe ich das, wenn ich unterwegs bin. Doch macht das Weihnachten aus? Abends werde ich von Mücken gestochen, morgens von der Sonne geweckt und tagsüber muss ich meine Haut vor ihr schützen. Wenn ich Plätzchen backe wird es noch wärmer. Der schöne Geruch stirbt im Raum. Meine Familie ist nicht bei mir und ich nicht bei ihr. Sie fehlen sowie das Gewohnte drum herum (Schnee, Kälte).

Aber in Deutschland liegt doch in der Regel kein Schnee zu Weihnachten? Das kann doch nicht der Grund sein?

Natürlich nicht, wie ich schon sagte. Es fehlt mir das Heimelige, Kuschlige im Rahmen meiner Familie. Es fehlt mir die Stimmung, wenn es draußen dunkel ist. Es fehlt mir das Licht, das man von außen nicht sehen kann.

Wie meinst Du das denn?

Naja, ich meine damit, dass die Stimmung etwas ist, was von innen heraus kommt gekoppelt mit dem mir Bekannten und Vetrauten drum herum. Heilig Abend wird hier nicht begangen. Das war für mich der schönste Abend während dieser Zeit.

Ja aber das hast Du doch schon in der Schule gelernt.

Stimmt. Aber was man eben nicht vorher lernen kann, ist das Gefühl, das zu Weihnachten gehört. Näher zusammen rücken, nette Gespräche haben, gemeinsam Gedichte oder ein paar Buchpassagen lesen. Zusammen sitzen und Musik hören, den Kindern beim Auspacken ihrer Geschenke zu sehen und schon gar nicht wie es ist, ohne Familie zu sein.

Dann fahre doch einfach nach Hause.

Das ist unmöglich.

Warum?

Es kostet zu viel und außerdem sind die Flüge voll ausgebucht.

Okay, also musst Du hier bleiben. Was wirst Du tun?

Ich fahre mit Thomas in den Süden, wir werden Weihnachten auf der Straße verbringen, uns an unseren ersten Australienurlaub erinnern und natürlich an unsere Familien denken. Damals haben wir das Ganze ganz toll gefunden, zumal wir dachten (zu dieser Zeit), dass das ein einmaliges Erlebnis sein wird. Nun hoffe ich, dass wir im kommenden Jahr wieder mit unseren Familien zusammen sein können.

Der Süden wird Dir gefallen, auch wenn Du dort Deine Familie nicht dabei hast. Nimm ein Fliegengitter mit und mache Dir schöne Tage.

Schöne Weihnachten!

Sunday, December 10

Vor der Tür

Der Dezember macht sich schön für die Sonne und trägt sein bestes Kleid für den Sommer. Nicht mehr lange und wir werden uns anpassen müssen, damit wir gut durch die kommenden warmen Sommermonate kommen. Für die zweite Dezemberwoche sind die ersten 40 Grad vorausgesagt und ich bin voller Spannung wie es sich damit dauerhaft aushalten lässt.


Beim Brotbacken entwickelt sich im Haus ein ähnliche Hitze. Es schnuppert als ob es draußen eher Minusgrade sind. Auch die Plätzchen im Ofen verbreiten einen vorweihnachtlichen Duft, den ich mit Kälte und Schnee assoziiere. Deshalb haben wir wahrscheinlich auch den Nikolaus vergessen.

Beruflich habe ich mich weiter zu orientieren und die kommenden Monate fleißig die Sprache zu lernen bzw. den Wortschatz auszubauen. Bummelzug ist wieder angesagt. Alles geht langsamer. Ich musste aus dem Schnellzug aussteigen und sicher noch ein paar Ehrenrunden mit einem weniger schnellen Gefährt drehen. Kurzum, den Job habe ich nicht bekommen, aber das Angebot mich in zwei Monaten wieder zu melden. Das Interesse an meiner Arbeitskraft besteht auch über den ersten fehlgeschlagenen Versuch hinaus. Das ist mein Trostpflaster. Mein Ego war angekratzt und meine Enttäuschung lähmte mich für einige Tage. Mein Selbstwertgefühl stieg die Treppe hinunter und machte es sich im Keller gemütlich. Aha, so sieht die Welt also von unten aus.

Alle sind beschäftigt, nur ich nicht. Die Arbeit liegt vor der Tür, die Zeitung ist am Wochenende mit attraktiven Stellenangeboten voll. Ich stehe vor einer verschlossenen Tür, deren Schlüssel ich noch nicht gefunden habe. Weiter suchen, weiter suchen etc. Im Januar beginnt mein Sprachkurs und anschließend werde ich ein 1:1 Sprachcoaching in Anspruch nehmen. Bis dahin gehe ich nicht putzen, nicht kochen oder Kisten packen.

Eine nervlich aufregende Woche liegt hinter uns, Jobabsage und mein Kellergefühl, Altlasten in Deutschland, fehlende kontinuierliche Kontakte zu Freunden in der Heimat, ein zerstückeltes Wochenende, die Zusammenstellung der Unterlagen für Thomas berufliche Anerkennung und und ...

Die Wochen vergehen schnell, es gibt jeden Tag zu tun; u.a. Freunde in unserer neuen Welt treffen. Das gemeinsame Backen von Plätzchen bei unseren Berliner Freunden mit musikalischer Begleitung von Nena (Weihnachtslieder für Kinder) bescherte mir ebenso Gänsehaut wie die Reiseplanung nach Australien eines sehr kranken Freundes aus Deutschland. Ein Picknick am Strand bei Sonnernuntergang sowie ein paar Bier am Samstagabend im Hafen mit einem Arbeitskollegen von Thomas sorgten für weitere Abwechslung und schöne Momente.

Unsere Hilfe beim Umzug eines anderen Kollegens von Thomas am Samstag war überschaubar und bereits nach drei Stunden getan. Der Blick in das neu erworbene Haus für 500.000 AD ließ mich wiederum erschrecken. Für eine halbe Million Dollar habe ich etwas anderes erwartet. Ich sah ein altes Haus, dass ich wohl erstmal komplett entkernen würde, verschachtelte kleine Räume usw. Der Garten und der sich anschließende Park werten das Ganze dann doch auf. Dennoch war mir klar, dass hier nicht das Haus, sondern ausschließlich das Grundstück bezahlt wurde. Klar wurde mir, dass ich mit meinen Erwartungen niemals ein Haus kaufen kann, weil es einfach unbezahlbar sein wird.

Tuesday, December 5

Advent Advent

http://fotoalbum.web.de/gast/medikon/250_km_noerdlich_von_Perth


360 Fotos haben wir mit zwei Kameras am letzten Wochenende im Norden von Perth gemacht. Eine beachtliche Menge, wenn man weiß, dass wir dafür 250 Kilometer gefahren sind und von Samstag um 14.00 - Sonntag um 19.00 Zeit hatten.

Westaustralien bekommt Farbe für mich. Ich hatte wenig Vorstellungen davon, was sich landschaftlich (außer dem Bekannten) an Motiven bietet. Nicht nur, dass es dafür keinen langen Weg von unserem Lebensort bedarf, sondern auch so eindrucksvoll ist.

Als Thomas die erste Zeit hier alleine gelebt hat, sagte er, dass die Wochenenden einem Urlaub gleich kommen. Ich kann dies mit den frischen Eindrücken und Erlebnissen nur bestätigen. Eine ganze Woche wurde durch knappe 1,5 Tage weg gewischt und kam einem Kurzurlaub gleich. Der Erholungswert ist gigantisch.

Unsere erste gemeinsame Wochenendreise entflohen wir mit dem ausgeliehenen (kostenlos) 4WAuto und einer Menge Campingutensilien dem Alltag. Auf unserer Karte waren einige Wege eingezeichnet, die man ausschließlich mit so einem Auto fahren kann. Das Abenteuer lockte und wir konnten nicht umhin, uns diesem zu wiedersetzen. Dennoch mussten wir recht schnell erkennen, dass unsere Karten dafür nicht ausreichten und wir irgendwann im Busch landeten, es spät war und der Sand immer sandiger wurde.


Wer das Fotoalbum ansieht, weiß, dass auch ein 4WCar im Sand stecken bleiben kann. Solange drum herum genug Autos fahren ist dies auch nicht so schlimm. Man kann wieder raus gezogen werden. Wenn aber unklar ist wie oft am Tag oder in der Woche Autos durch abgelegene Buschwege fahren sieht das alles schon anders aus. Zumal wir auch noch diese große Schlange (wie lang auch immer) gesehen haben. Für mich war spätestens nach diesem Anblick klar, dass ich dieses Auto nicht verlassen würde und wenn ich im Auto viele Tage verbringen müsste.


Wir haben für unseren Weihnachtstripp gen Süden noch einiges an Vorbereitungen zu treffen. Unter anderem müssen wir uns Stulpen besorgen, die einer Schlange zumindest das Zubeißen erschweren und einen uns in Sicherheit fühlen lassen. Feste Wanderschuhe sind ein Muss, auch wenn es heiß ist. Vor allem aber ist klar, dass man nich tgenug Wasser an Bord haben kann (für den Fall der Fälle). Ein Handy ist weniger wertvoll, man hat ja keinen Empfang. Spätestens nach diesem Hinweis auf dem Handy "no signal" weiß man, dass man im Busch und damit auf sich alleine gestellt ist.

In der Nähe der Stadt Cervantes befindet sich der Nambung Nationalpark. Hier kann man schwimmen in einsamen Buchten, den Delfinen beim morgendlichen Tummeln nah am Strand begegnen, wandern und einiges an Wildlife sehen. Das häufigste Reiseziel hierher sind wohl die bis zu 4 Meter hohen Kalksteinsäulen (die pinnacles). Wind, Wetter und Zeit haben ihr übriges getan, damit diese bizarre Landschaft mit ihren Skulpturen entstehen kann. Ab und an kam mir der Gedanke, ob hier wirklich die Natur ihre Hand im Spiel hatte oder ob es sich beispielsweise um eine große Grabstätte handelt (manchmal brennt meine Phantasie eben mit mir durch).

Friday, December 1

45 Minuten

Mein erstes Vorstellungsgespräch habe ich nun hinter mir. 45 Minuten non stop english, ca. 15 Fragen von zwei Personen in angenehmer Atmosphäre am Freitag um 15.00.

Das wäre also geschafft; ich habe einen Eindruck gewonnen, wie das hier so läuft und weiß nun, dass es vom Ablauf und den Fragen nicht anders als in Deutschland ist. Auch hier musste ich über meine Erfahrungen reden, meine Stärken und Schwächen kundtun, meine beruflichen Pläne in Australien beschreiben und Haltung zu bestimmten Aussagen einnehmen.

Im Nachgang denke ich, dass mein englisches Vokabular möglicherweise dazu führen wird, dass ich den Job nicht bekomme. Vielleicht ist es aber auch meine berufliche Qualifikation, denn sie haben mir im Gespräch mehrfach zu verstehen gegeben, dass der Job relativ einfach und wenig anspruchsvoll ist. Ob es mir gelungen ist, den Zusammenhang zwischen Sprache lernen und Arbeitserfahrungen zu sammeln darzustellen, weiß ich nicht.

Dienstag oder Mittwoch werde ich schlauer sein und eine Antwort erhalten.

Unser bester Freund sprach zu Beginn dieser Woche davon, dass ich mit dem Bummelzug fahren darf. Ich bin so lange mit dem Schnellzug in Deutschland gefahren, so dass ich nun auch mal in aller Ruhe überlegen darf, was ich machen will. Recht hat er. Aussteigen, wo es mir gefällt und nicht die Strecke in einem durchfahren. Genießen, was ich sehe und erlebe. Kreative Gedanken entwickeln sich in mir, die langsam zu einem Fluss werden. Ihre Quelle ist das außen, ihr Ziel sind meine Ideen. Wenn ich dabei noch Geld verdienen könnte wäre alles gut :-)

Wednesday, November 29

A wie Aborigini

Unser Leben in Perth beginnt sich allmählich in alltägliche Bahnen einzuordnen. Auch wenn ich noch nicht für Geld arbeite, so hat uns der Alltag doch wieder. Ich frage mich zunehmend, was Australien anderes bieten kann, als das Leben von Berlin hier ähnlich zu bewerkstelligen. Und entwickle mehr und mehr den Gedanken diese Zeit unseres Lebens zu nutzen, um wirklich Neues zu erfahren. Ich wünsche mir die Energie und den erlebten "Zauber" unseres ersten großen Urlaubs in Australien zurück. Die Kraft und die sich daraus entwickelnde Ideenvielfalt will ich nutzen, um hier und heute anzudocken.

Was wissen wir über den kulturellen Background und die Geschichte des Urvolkes von Australien wirklich? Nicht viel. Alles ist hier und da mal aufgeschnappt und kann keine solide Basis für die Weitergabe von Informationen sein. Es tun sich Fragen auf:

Wo sind sie, die Aboriginis? Leben sie im Busch? Trifft man sie in den Städten nur betrunken an? Leben sie in einer Art "Ghetto"? Gehen sie einem geregelten Arbeitstag nach? Wie gestalten sich Begegnungen im sozialen Bereich? Gibt es noch den Vollblut Aborigini und wo kann ich ihn treffen? Kennen Australier mindestens einen Aborigini in ihrem unmittelbaren Umfeld? Und wenn ja, pflegen sie einen Kontakt miteinander? Ist es tatsächlich möglich, dass ein Australier in seinem ganzen Leben noch niemals einen Aborigini gesehen hat? Kommen Einwanderer mit dem Gedanken nach Australien, den Spirit der Aboriginis zu erleben oder zu entdecken? Wird Australien von außen überwiegend mit seinem Urvolk assoziiert oder mit den Strafgefangenen oder einfach mit dem tollen Land? Wer kümmert sich um die Integration der Aboriginis und wer lässt sie wirklich teil haben? Stimmt es, dass die Aboriginis ihre zugewiesenen Häuser nicht bewohnt haben, sondern diese zugemüllt und verdreckt haben? Stimmt es, dass sie die Häuser zu Brennholz gemacht und sich ein Feuerchen vor der Tür entfacht haben? Wollen sie überhaupt integriert werden und wenn ja, welche Vorstellungen haben sie davon? Warum lese ich in der Presse häufig nur über kriminelle Auffälligkeiten der Aboriginis und warum nichts anderes dazu? Wie kann es sein, dass so viele unterschiedliche Nationalitäten und deren Kulturen nebeneinander integriert existieren und die Gruppe der Aboriginis nicht dazu gehört? Gibt es eine Ablehnung gegenüber diesen Menschen und ist es Absicht, dass sie "aussterben"? Welche Formen von Akzeptanz und Respekt signalisieren eine echte Anerkennung der Aborigins? Und warum ist jeder Touriladen voll mit Aboriginikunst, obwohl der Verkäufer "weiß" ist?

Ich würde mich sehr über bereichernde Anmerkungen, Informationen oder einfach nur weitere Fragen zum Thema freuen. Vielleicht gibt es ja den ein oder anderen Leser, der ebenfalls ein ähnliches Interesse hat und seinen "Forscherdrang" und Wissensdurst befriedigen möchte.

Ich weiß, dass unser Schritt nach Australien an sich eine unheimliche Bereicherung in unserem Leben war, ist und sein wird und ich weiß auch, dass ich mich damit nicht zufrieden geben kann. Solange nicht, bis ich weiß, wie ich hier als Feldforscher tätig sein kann.

Nicht, dass jetzt dem ein oder anderen Leser Fragezeichen auf der Stirn stehen. Es geht mir, uns gut. Ich bereue es nicht, hier zu sein und genieße dieses Land in seiner Großzügigkeit, Weite und Möglichkeiten. In dem Interview für die Schriftsellerin, die ein sehr interessantes Buch veröffentlichen wird, habe ich an einer Stelle gesagt, dass der Schritt nach Australien zu gehen mit dem Suchen nach Etwas zu tun hat. Und genau dieses Etwas will ich nicht nur suchen, ich will es finden.

Tuesday, November 28

Get a step in

Ins Nest gepieckt.

Heute bin ich zu einem Interview (Vorstellungsgespräch) eingeladen worden. Sicher könnt Ihr Euch vorstellen, wie aufgeregt ich bin. Ich hatte über "supervised visits" geschrieben und im Idealfall wird das mein erster Job in Australien sein. Der größte Auftraggeber im sozialen Bereich (Anglicare) beschäftigt ungefähr 300 Mitarbeiter und ist in sehr vielen unterschiedlichen Arbeitsfeldern tätig.

Freitag Abend werde ich klüger und um einiges reicher an Erfahrung sein. Selbst wenn meine Sprache noch nicht ausreicht und ich den Job deshalb nicht bekomme, dann habe ich zumindest erste ernstzunehmende Kontakte hergestellt. Dann probiere ich es eben nach meinem Intensivsprachkurs erneut. Im nächsten Jahr wird Anglicare den Bereich der Mediation ausbauen und neue Standorte eröffnen. Bis dahin muss mein Englisch fit sein.

Die supervised Visits sind gleichzusetzen mit begleiteten und beaufsichtigten Kontakten zwischen einem Elternteil und dem Kind. Das Gericht entscheidet über die Art und Weise der Besuche, die entweder im Child Care Center durchgeführt werden oder auch außerhalb. Je nachdem um welchen Delikt es sich handelt, der zu dieser Situation geführt hat. Häufig geht es um sexuellen Mißbrauch, körperliche Gewalt ggü. den Kindern oder der Frau. Beide Elternteile kommen zur vereinbarten Zeit in dieses Child Care Center und warten in unterschiedlichen Warteräumen. Das Kind wird dann i.d.R. zum Vater gebracht und keine Minute aus den Augen gelassen. Die Mutter wird (wenn es sich um Stalking handelt) sicher zum Parkplatz zurück gebracht, damit sie wieder nach Hause fahren kann. Die Besuche werden protokolliert und an das Gericht weiter geleitet. Einmal monatlich gibt es Teamsitzungen. Pro Stunde verdient man 25 Dollar und arbeitet primär an den Wochenenden (Umfang hängt vom Zeitumfang des Besuchsrechts ab). Das Interesse des Kindes steht im Mittelpunkt, Beeinflussungen, Bedrohungen etc. müssen von der Begleitperson sofort gestoppt werden.

Gesucht werden dafür u.a. Psychologen, obwohl die Arbeit an sich nicht wirklich der Qualifikation entspricht. Meine Gedanken schweifen sofort an meine beruflichen Anfangszeiten zurück und meine Ängste auch. Außerdem denke ich zwischendurch immer wieder, dass ich so etwas nicht machen wollte. Und jetzt kommt das Aber!

Um das System in seiner Ganzheitlichkeit zu erschließen ist es hilfreich unten anzufangen (ich erinnere an denjenigen der erstmal die Teller abwäscht), um das Miteinander besser zu verstehen. Außerdem werde ich immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass das ein "step in" ist. Der Fuß in der Tür. Alles Weitere würde sich dann finden.

Ich werde mich nun meinem englischen Lebenslauf und einige Zeit der Verzweiflung widmen, bis ich den CV so habe, wie er sein soll.

Sunday, November 26

Und wer bist Du?

"Ich bin Regina."

"Und wie lange bist Du schon hier?"

"3 Wochen."

Da bin ich nun in Australien und lerne weiter viele deutsche Menschen kennen und bin beeindruckt, wie groß diese Kreise sind. Verlockend ist es das "How are you doing" zu leben und oberflächlich zu werden. Nicht alle Menschen, die ich kennen lerne, muss ich mögen, auch wenn sie deutsch sind und Ähnliches erlebten wie wir/ich. Interessante Mischungen, unterschiedliche Persönlichkeiten, nette und weniger sympathische.

Ich brauche eine Weile, um zu beobachten, Kontakt aufzunehmen und abzuschätzen, wie unsere Wellenlänge ist. Über die ersten Fragen und gute Ratschläge gehen die Gespräche noch nicht hinaus. Selbst das bewusste Eintauchen in die Gespräche mit native Speakern (echte Australier) war eher zäh. Sicher hatte das was mit meinem Sprachniveau zu tun, aber auch damit, dass wir wenig Bezug zueinander haben. Damit ich nicht gleich alle Fettnäpfe besetze, halte ich mich zurück und warte primär darauf, dass ich gefragt werde. Bei der Entscheidung zum Daylight Saving allerdings habe ich echte Australier fragen können, was sie davon halten. Außerdem entdeckten wir Ähnlichkeiten in den Traditionen zu Weihnachten und Sylvester. Na das ist doch schon mal ein Anfang.

Great Bike Ride Perth





Es ist doch nicht zu glauben, da stehen wir jeden Morgen in der Woche um 7.00 auf und könnten wenigstens am Wochenende ausschlafen. Der Samstag beginnt für Thomas grundsätzlich um 5.30 am (ich schaffe das noch nicht, drehe mich lieber noch mal um) und auch der heutige Sonntag begann bereits um 5.45 am mit einem lauten Weckton. Für 35 AD Startgebühr den Körper in Bewegung bringen. Mit dem Rad ist Thomas heute ins Rennen gegangen. 7.35 am im Grid F = Startzeit. Wir waren frühzeitig da, so dass Thomas einen guten Startplatz hatte und wunderten uns, dass doch so wenig andere Sportbegeisterte Gleiches taten. Der Rasen war beinahe leer. Schon eine Viertelstunde später hatte ich zu tun, Thomas im Blick zu behalten.

So viele bunte Helme habe ich noch nie gesehen. Es hatte den Anschein, als ob halb Perth auf dem Rad 12 km, 53 km oder 106 km am frühen Morgen ins Rennen ging. In entspannter sportlicher, weniger kämpferischer, Atmosphäre starteten die Gruppen nacheinander. Nach 1 Std. und 34 Minuten sowie 53 absolvierten Kilometern habe ich Thomas beim Zieleinlauf noch gerade so auf den Kameraspot bekommen.

Dieses Fahrradrennen findet einmal im Jahr statt. Letztes Jahr waren es an die 2500 Menschen; dieses Jahr sollen es mehr gewesen sein. Wäre Thomas letztes Jahr mit dieser Zeit ins Ziel gekommen, wäre er unter den ersten 250 Fahrern gewesen.

http://www.greatbikeride.com.au/event_stats.htm

Saturday, November 25

Be an Australian Psychologist

Ich hatte heute den ersten lebendigen Kontakt zu einem Psychologen. Wir haben ihn in seinem Haus besucht und verbrachten zwei Stunden damit, uns über das Leben hier, die Bedeutsamkeit des Wechsels und den Arbeitsmöglichkeiten zu unterhalten. Zum ersten Mal war ich gezwungen in englischer Sprache über mich und meinen Background zu berichten. Das war zwar holprig, ging dennoch ganz gut.

In der Summe erlebte ich einen Psychologen, der das easy going in Australien lebt, nicht wirklich von seiner psychologischen Tätigkeit abhängig ist und einen Kontakt für mich zu einer deutschen Psychologin herstellen wird. Ohne große Hoffungen zu wecken, habe ich vielleicht eine Chance dort zu arbeiten. Vorerst im Rahmen von „supervised Visits“.

Mir bekannte feststehende Begrifflichkeiten werden hier so weitläufig verwendet, dass sie den eigentlichen Bedeutungsgehalt entfremden. Supervision hat für mich nicht wirklich etwas mit begleiteten Besuchen bei geschiedenen Paaren zu tun, die ihre Kinder unter Aufsicht sehen dürfen. Sollte ich jemals in den Genuss dieser Tätigkeit kommen, werde ich berichten.

Ansonsten recherchiere ich täglich und suche weiterhin nach Weiterbildungen. Während ich bereits Kontakt zum Milton Erickson Institute aufgenommen habe warte ich immer noch auf Antwort der Australian Relationship Institution, der Curtin University und dem Gestattherapy Institute. Deutlich geworden ist mir bei meinen vielen Aktionen letzte Woche, dass zunächst große Namen (z.B. Milton Erickson Institute) bei google zu finden sind. Dahinter stehen aber oftmals nur Einzelpersonen. Unglaublich, dass eine Person so einen Namen tragen darf.

Das Mediationsverfahren wird hier wesentlich mehr als in Deutschland unterstützt. So wurde beispielsweise vor Kurzem gesetzlich beschlossen, dass Paare, die sich scheiden lassen wollen, eine Mediation machen müssen. Dies gilt primär für Paare mit Kindern. Erst wenn eine Mediation keinen Erfolg hat, kann man vor Gericht gehen. Ein guter Ansatz für mich, um in diesem Bereich Kontakte zu knüpfen und neue Erfahrungen hinsichtlich der Akzeptanz und Integration des Verfahrens in der Gesellschaft zu sammeln.

Thursday, November 23

Der Wind und die Klassik



Als ich in Perth angekommen bin, schenkte Thomas mir Karten für ein klassisches Konzert in Fremantle. Dieses Konzert konnten wir heute mit Freunden genießen. Nach einem kurzen Picknick vor den „Toren“ des Innenhofes genossen wir unseren guten Blick auf das Sextett, das sich abmühte, die Notenblätter am Platz zu halten und dem Wind zu trotzen. In angenehmer und unkonventioneller Atmosphäre lauschten wir den klassischen Klängen, die sich mit dem Wind vermischten. Ich bin froh, dass sich meine Gedanken der Musik hingeben konnten, obwohl ich trotz der netten Atmosphäre und musischen Qualität der Musiker, nur mit wenigen Beiträgen etwas anfangen konnte. Geschmack trifft nicht immer den Gleichen und öffnet deshalb Horizonte.

Tuesday, November 21

Lass das Licht an

Daylight Saving (DLS) – endlich nach 14 Jahren Diskussion wird nun nächstes Wochenende die Uhr umgestellt, so dass wir 8 Stunden Zeitverschiebung nach Deutschland haben.

Für den Surfer, Freizeitgenießer, Strandgänger, Kneipensitzer, Walker, Läufer und Fahrradfahrer ein Gewinn.

Für die Einkäufer nicht, denn die Öffnungszeiten bleiben starr.
Für die Leute, die über die Grenzen von Western Australia beruflich tätig sind auch kein Gewinn.

Für diejenigen, die nicht so gerne schwitzen ebenso wenig. Die Zeitspanne der Kommunikation über die Grenzen hinweg wird kürzer und muss noch genauer geplant werden. In drei Jahren wird überprüft, was das DLS gebracht hat.

Sunday, November 19

Event in Perth

Zum ersten Mal fand das Red Bull Air Race in Perth statt. Man kann sich kaum vorstellen, dass viele Zuschauer dafür mehr als 400 km gefahren sind, um sich dieses Spektakel anzusehen. Ist aber so. Wann passiert schon mal so ein großes Event hier in Western Australia.

Im Juni war dieses Red Bull Air Race in Berlin Tempelhof zu erleben. Als wir damals von dem Rennen nach Hause kamen entdeckte Thomas im Internet, dass das nächste und letzte Rennen für dieses Jahr in Perth sein würde. Da hatten wir unseren ersten großen Event in Perth vor Augen. Unglaublich und nun standen wir hier - ein "paar" Meilen südlicher von Berlin :-).

Um 9.00 waren Thomas und ich im Park am Swan River und haben uns dort ein schönes Schauplätzchen ergattert. Zu dieser Zeit war es noch relativ überschaubar, was die Zahl der Menschen anging. Einige hatten sich gut auf diesen Tag vorbereitet. Sie waren mit ihren Picknickausrüstungen und Sonnenzelten gekommen, um einen netten Tag am Swan River zu verbringen und in Reihe 1 zu sitzen, um einen guten Blick zu haben. Wem dies nicht reichte, der stieg sogar die kleine Mauer hinunter ins Wasser, stellte dort seinen Campingstuhl auf, um die allerbesten Fotos machen zu können. Wem auch dies noch nicht genügte, der schwamm eben noch mal ein bisschen im Swan und kam den Pylonen am nächsten (vor Rennstart wurden sie dann aber aus dem Wasser geschickt).

Zunehmend wurde es voller, aber auch die letzten Besucher konnten sich gut positionieren und den Piloten bei ihren waghalsigen Flügen zu sehen.

Eines der wichtigsten Dinge, die man mit sich führen sollte ist der Fotoapparat. Da die ganzen Bilder hier nicht in den Blog passen und vielleicht auch nicht jeden interessiert, kann man auf den Link klicken und sich das Fotoalbum in aller Ruhe zu Gemüte führen.


http://www.fotoalbum.web.de/gast/medikon/Red_Bull_Air_Race_Perth_2006



Unter folgendem Link kann man einige Hintergründe sowie die Ergebnisse zu den Rennen erfahren. Unser deutscher Pilot kam in der Gesamtwertung auf Platz 7, in Perth schaffte er nur den 10. Platz. http://www.redbullairrace.com/standings.php

Saturday, November 18

Mit dem Rad














In der Tat habe ich auch das Gefühl, dass das Wochenende mit einem Kurzurlaub vergleichbar. Der Wochenalltag gerät in den Hintergrund und verblasst an den beiden Tagen am Ende der Woche.

Thomas hatte heute schon seine 60km-Tour hinter sich und konnte sich ein ruhigeres Tempo gönnen. Wir sind mit dem Rad nach Freemantle gefahren (eine Strecke ca. 20 km) und zurück. Für den Hinweg haben wir 2 Stunden gebracht. Das lag natürlich am Gegenwind, an den schönen Aussichten, aber auch an meinem Schneckentempo. Thomas fragte mehrmals, ob das noch schneller geht. Ich musste verneinen. Wenn wir das jedes Wochenende tun, dann wird es sicher weniger Zeit in Anspruch nehmen.

Grundsätzlich kommen mir auch bei solchen Aktivitäten sehr schnell die Gedanken, dass ich alles, aber auch wirklich alles, neu erschließen und dann auch noch für mein langsames Tempo entschuldigen muss. Der Kloß im Hals wird dann größer in solchen Momenten und mir wird bewusst, dass Thomas einen ungeheuer großen Vorsprung hat, den ich noch lange nicht eingeholt habe. Ich hechle hinterher und vergesse mich selbst dabei. Das stimmt mich traurig und wütend zugleich. Ab und an erwarte ich eben immer noch etwas mehr Toleranz. Häufig bekomme ich zu hören: "... ja, das kenne ich schon ... ne, da war ich schon ... hätte ich auch gleich sagen können ... die und die machen das so und so ..." Ich ertappe mich dabei, dass ich in solchen Situationen eine gedankliche Höhle suche, in der ich mich verstecken kann und aus der ich wieder raus komme, wenn alles vorbei ist.

Zurück zu unserer Radtour, die bei dieser Kulisse ein Highlight war. Ich genieße den Blick über das Meer und versuche die Realität zu fangen. In Freemantle haben wir noch ein paar Reisebücher gekauft, damit wir unsere Weihnachtstour in den Süden vorbereiten können. Ein wenig Kaffee trinken, etwas essen und mit B.,D. & N. zusammen sitzen. Ausreichend gestärkt mit dem Rad zurück nach Doubleview (ging übrigens wesentlich schneller; hat doch was mit dem Wind zu tun). Abends bei den Dreien BBQ gemacht und dieser Samstag war perfekt.

Thursday, November 16

Gedanken

Kann ich meinen Selbstwert vor mir selbst aufrechterhalten, wenn ich keiner sinnvollen Beschäftigung nachgehe? Bin ich trotzdem etwas wert?

Der Perspektivenwechsel, der ja lange vorbereitet war, hat mich mit Macht getroffen. Plötzlich sitze ich ohne Arbeit zuhause, wasche Wäsche, mache Pizza und hänge so rum. Was habe ich früher über die Frauen „gelästert“, die mit ihren Männern ins Ausland gegangen sind und ohne Arbeit waren. Damals sagte ich u.a. „das würde ich nie machen.“ Ja und da ist das Wörtchen „nie“. (Ich lasse die Finger zukünftig vom Gebrauch dieses Wortes.) Und jetzt sitze ich selbst hier und tue genau, erlebe genau das, was viele andere schon vor mir erlebt haben. Wie es ihnen damit wirklich wohl ging?

Mir gefällt das nicht, wenn ich mir vorstelle, dass er Extremfall zwei Jahre so ablaufen wird. Nach zwei Jahren machen wir einen Stop und werden überlegen, ob wir bleiben oder nicht. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wenn ich in diesem Schneckentempo 2 Jahre älter werde.


Wednesday, November 15

Tagesstruktur

„Hab schöne Ferien“ so haben sie mich nach dem Frühstück diese Woche am Mittwoch verabschiedet.

Hinter der Kulisse beginnt es zu brodeln. Es fällt mir ungemein schwer mich aufzuraffen und Dinge zu erledigen. Montag kehrte die Stille ein, die ich letzte Woche nach meiner Ankunft eigentlich erwartet hatte. Mit Stille meine ich, dass ich nun viel Zeit habe, um über meinen Weg hierher nachzudenken und vor allem darüber, was ich nun tun kann.

Im Moment sitze ich in der Grube, die ich mir selbst geschaufelt habe und überlege angestrengt wie da wieder raus komme. Es geht nicht um Heimweh, sondern darum mich am Tag sinnvoll zu beschäftigen.

Mir fällt auf, dass es weniger die finanzielle Abhängigkeit ist, die auf mich zukommt, sondern eher die fehlende Aufgabe. Ich habe keinen Plan und das macht mich unruhig.

Also habe ich begonnen, mir eine grobe Struktur für den Tag zu basteln, die immer noch genügend Spielraum für Unvorhergesehenes lässt. Morgens soll der Platz für Sport sein, dann PC-Zeit, mittags bis Nachmittags habe ich die Zeit geblockt, um zu recherchieren und zu „forschen“, abends gibt es Thomas, Freunde und evtl. Sport, wenn ich es morgens nicht geschafft habe.

Was habe davon umgesetzt? Nun ich habe zumindest schon die Interviewfragen für eine Berliner Autorin, die ein Buch schreibt, beantwortet. Dann habe ich begonnen Kostenvoranschläge für meine Zeugnisübersetzungen etc. einzuholen. Außerdem konnte ich die Einträge des Blogs in eine andere druckbare Version übertragen und layouten. Meine Recherchetätigkeiten bezogen sich diese Woche vor allem darauf, wo ich Englischkurse machen kann und welche Weiterbilungsmöglichkeiten sich auf dem Markt der Psychologie tummeln. Ich weiß mittlerweile, dass ein Aufbaustudium an der Uni nicht bezahlbar ist. 11.000 australische Dollar pro Jahr habe ich nicht übrig.

Dienstag habe ich mit S. den Tag verbracht, am Strand sitzen und Kaffee trinken, ein wenig die Sonne genießen und viel reden. Das hat gut getan. S. ist ein Tag nach mir nach Perth zurückgekommen. Freitagabend gehe ich mit B. aus. So ist diese Woche zumindest in meiner Gedankenstruktur gut ausgefüllt gewesen.


Tuesday, November 14

Paket




Nach ca. 4 Wochen "Reise" kam unser erstes Paket an, das ich bereits in Berlin im Oktober abgeschickt habe.

Die Quarantäne hat sich den Inhalt genauestens angesehen und alles drinnen gelassen.

Oben drauf lag ein Hinweis, dass das Paket geöffnet wurde. Das wird wohl mit jedem Paket, dass nach Australien kommt, gemacht. Danach wird es mit einer Folien überzogen und weiter geleitet.



Sunday, November 12

An, im und auf dem Meer



































Nachdem Thomas immer davon erzähle, dass er das Surfen auf dem Swan River geübt hat, war heute nun die Generalprobe auf dem Meer. Gemeinsam mit anderen Leuten waren wir in Rockingham, damit Thomas nun endlich sein Gelerntes zeigen konnte. Bereits die Zusammenstellung diverser notwendiger Teile des Windsurfers schreckte mich davon ab, jemals selbst surfen zu lernen. Ich müsste wohl mit dem Auto direkt ans Meer fahren können, denn die Gerätschaften sind definitv zu schwer. Der Wind tut beim Tragen ans Wasser sein Übriges und man muss aufpassen, dass man nicht schon an Land zu segeln beginnt. Wenn ich dann alles am Wasser hätte, wäre da noch mein Problem mit dem Ins-Meer-gehen.

Nach unserem sportlichen Start heute Morgen und einem umfangreichen Frühstück waren wir zunächst am Strand, um ein wenig zu gucken und zu baden. Um 10.00 war der Strand schon so voll, dass ich am liebsten wieder umgekehrt wäre. Dennoch fanden wir ein Plätzchen und Thomas ist sodann auch gleich in die Fluten gehuscht. Meine neidischen Blicke auf seinen kühlen Erguss wurden später befriedigt, als ich selbst (beinahe mit Thomas an der Hand oder besser umgekehrt) mal rein gegangen bin.















Mit diesem Erholungswert darf man also rechnen, wenn man in Australien so nah am Meer lebt. Es ist wirklich verführerisch hier und unglaublich schön. Was immer mit dabei sein muss, sind Badetücher und eine Sonnenmilch mit hohem Lichtschutzfaktor.

Der Tag endet heute um halb acht abends. Anschließend noch mit den Freunden und der Familie telefoniert. Und fertig ist ein Sommertag in Perth.

6:00 - Es ist Sonntagmorgen



Während ich hier sitze und meine Gedanken zu den vergangenen Tagen bündele sitzt Thomas bereits seit einer halben Stunde auf dem Fahrrad und dreht seine 60km Runde. Ja Ihr lest richtig, andere liegen um diese Zeit noch im Bett und kuscheln sich ein, wollen den Tag mit einem langsamen Aufwachen beginnen. Ich habe darüber geschrieben, dass der Tag hier wesentlich früher beginnt, so auch eben der Sonntag. Mich hält nichts mehr im Bett; die Sonne macht sich mit ihrer Helligkeit gnadenlos breit und holt auch den letzten Morgenmuffel recht früh aus seinen Federn.

Als ich aufgestanden bin, sind wahrscheinlich einige von Euch noch nicht mal zu Bett gegangen, genießen noch das Nachtleben oder das Fernsehprogramm, trinken Wein und wärmen sich an der Heizung. Dennoch kann ich zum Quatschen Niemanden im Skype-Universum finden, so dass ich mich nun alleine beschäftigen muss.

Heute hat der Tag begonnen, der meine erste Woche in Perth voll macht. In ca. 12 Stunden bin ich vor einer Woche hier gelandet und wurde herzlich empfangen. Die letzten Tage hat es teilweise hier geregnet und es hatte den Anschein, als würde das Wetter nun das neue Leben symbolisieren. Natürlich ist diese Wetterunbeständigkeit häufig mit meiner Ankunft in Beziehung gesetzt worden, wenn auch nur scherzhaft.

Ich komme mir vor wie auf einem Meer, das sich vor Wellengang nicht retten kann und selten für ruhiges Fahrwasser sorgt. Es geht hoch und runter. Seit Montag habe ich ein flaues Gefühl im Magen, das sich über das Symptom „mir ist schlecht“ bemerkbar macht. Ich bin außer der Umschreibung meiner Situation immer noch nicht in der Lage, mein emotionales Befinden treffsicher zu beschreiben. Ich habe den Eindruck, dass ich alles runterschlucke an Erlebtem. Deshalb ist mir wohl auch ab und an wirklich schlecht, irgendwann will das viele „Essen“ auch mal wieder raus, wenn es nicht in überschaubaren Häppchen konsumiert wurde.

In dieser ersten Woche habe ich so viele Menschen kennen gelernt wie lange nicht mehr. Nicht mal im beruflichen Kontext musste ich mich in letzter Zeit auf so viele neue Individuen einstellen. Das ist wohl der Situation hier geschuldet; die Sozialkontakte, die Thomas sich mühsam erarbeitet hat sollen ja nicht mit meiner Ankunft und meinem Dasein hier verschwinden. Sie sind wichtig, um sozial integriert zu sein. Schwierig für mich dabei ist, dass ich nicht wirklich eine Wahl habe, an Treffen teilzunehmen oder gar nicht hinzugehen und Thomas zu begleiten. Was wäre das für ein Anfang. Ich hoffe, dass ich mit der Zeit zu meinem gewohnten Umgang mit der Einteilung meiner freien Zeit finden werde.

Ich bin sehr herzlich in den Kreis der Eingeweihten aufgenommen worden. Zum Teil haben die Frauen von Arbeitskollegen von Thomas angeboten, sich mit mir die Zeit zu vertreiben. Das beeindruckt mich; zeigt es doch, dass sie sich ein Stück hineinversetzen in meine Situation. Aufgrund der vielen Unternehmungen hatte ich kaum Zeit mal in mein Inneres zu horchen. Ich bin noch nicht hinterher gekommen, so schnell folgen hier die Ereignisse aufeinander. Irgendwann werde ich diese Starterfahrung als gut bewerten, da ich reichlich abgelenkt wurde. Das heisst auch, dass die Phase der Verarbeitung noch folgt. Ich bin unruhig gespannt darauf, komme mir vor wie in einem Dämmerzustand, der nicht garantieren kann wie man sich in der nächsten Sekunde verhält.

Definitiv fehlt mir eine vertraute Person, der ich mich anvertrauen kann, mit der ich ablästern kann, die mich versteht, die mir keine Ratschläge gibt, mein Empfinden bzw. meine Äußerungen wertet oder gar versucht mich aufmuntern.

Und nachdem ich nun die aktuellen Beiträge veröffentlichte habe, schwinge auch ichmich aufs Rad und begebe mich auf eine sportliche Morgenreise zum Meer und zurück.

Samstagabend in Freemantle

Diese Woche sind wir nun das vierte Mal zu Abend ausgegangen. Freemantle, das habe ich an anderer Stelle beschrieben, gehört zu den angesagten Kneipen- und Künstlerviertel in Perth. Es war eine Menge Leben auf den Straßen. Die guten Kneipen sind brechend voll, die leeren Kneipen warten wahrscheinlich nach Mitternacht noch auf Gäste. Das kenne ich von Berlin und warum sollte das hier anders sein.

Im Pub trifft man um 6:00 abends schon eine Menge Menschen, die zwischen 18 und 50 Jahre alt sind. Hier wird gegessen und getrunken. Der Geräuschpegel lässt einen selbst wenig Spielraum einer angemessenen Kommunikation zu folgen. Die Akustik war voll mit einem Stimmengewirr überlagert; dichotisches Hören aussichtslos (zumindest für mich). So saß ich denn zwischen 6 Leuten (incl. meiner Person) und versuchte angestrengt den Gesprächen zu folgen, bis ich es aufgegeben habe. Ich löffelte meine Tomatensuppe und war froh, wenigstens etwas zu tun zu haben. Dann wollte ich einfach nur fluchtartig den Laden verlasssen. Ich überlegte wie ich am besten wieder nach Hause könnte und sprach in Gedanken schon mit einem Taxifahrer. Mein zunehmendes Unwohlsein in dieser Runde wurde kaum beachtet. Die Männer unterhielten sich, wie soll es anders sein, über Autos und deren Zubehör. Die Frauen (eine davon Australierin; die andere perfekt englisch sprechende Schweizerin) quatschten angeregt miteinander. Also ging ich dazu über, nachdem ich das mit dem Taxi und dem Nachhausefahren verworfen hatte, die Leute um mich herum zu beobachten. Meine manchmal sich festbeißenden Blicke in die ein oder andere Richtung sorgte dann wiederum für Aufmerksamkeit in unserer Runde. Alle richteten ihre Blicke plötzlich in die Richtung, in die ich zuvor gesehen und warteten gespannt darauf, was ich denn dort gerade gesehen habe. Das nervte mich. Also versuchte ich wieder in die Hier und Jetzt Kommunikation einzutreten. Mit der Zeit, so nach 1,5 Stunden, gelang mir das zunehmend besser. Der Taxifahrer war ohne mich gefahren.

Shopping

Die Läden sind hier wie überall in der zivilisierten westlichen Welt voll mit Klamotten. Die Mode allerdings spricht hier meines Erachtens eine deutlich andere Sprache, die ich noch nicht verstehe. Ich war etwas überrascht (weiß gar nicht ob das der treffende Ausdruck ist) über das sich darbietende Angebot. Die Kleidervielfalt ließ meinen Atem deshalb stocken, weil sie so bieder wirkt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese Kleider getragen werden. Schon am nächsten Tag (Samstagabend) wurde ich eines besseren belehrt. Natürlich wurden sie gnadenlos getragen und zur Schau gestellt. In Berlin wäre ich 100% mit dieser "Geschmacklosigkeit" auf eigenartige Blicke gestoßen. Hier waren es wohl nur meine Wertungen hinsichtlich der Kleiderwahl; alle anderen störten sich nicht daran. Es gehört eben genau dieser Stil zum Ausgehen. An meine erste Shoppingtour erinnern mich derzeit ein harmloses Trägershirt sowie ein weißes Tuch und die vielen Bilder im Kopf. Wann ich wohl das erste Mal in ein Leopardenkleid schlüpfe lasse ich offen.








Bei unserem ersten Lebensmittelgroßeinkauf für die kommende Woche war ich hin und weg beeindruckt, welche Vielfalt es an Obst, Gemüse, Käse, Wurst und anderen Leckereien sich hier bietet. Die meiste Zeit während dieses Einkaufs musste ich an meinen Vater denken, der oft gefragt hat, ob es hier auch Kartoffeln gibt. Mein Fotoapparat in der Tasche ließ mich denn auch gleich einige Beweisfotos für die Heimat machen. Ja, hier gibt es auch was zu essen, auch Kartoffeln, auch Erdbeeren etc.

Weihnachtsstimmung








Auch hier wurde ich bereits gefragt, ob die Australier Weihnachten feiern und wie. Bisher konnte ich das nur mit meinen Erinnerungen an unseren Urlaub vor 4 Jahren in Australien beantworten. Ich habe noch gut die großen Kugeln im Kopf, die an den Bäumen hingen in Sydney oder an die Schaufensterdekorationen, die von links nach rechts diverse Weihnachtsgeschichten erzählten.

Hier in Perth dauert es noch genauso lange wie in Deutschland bis Weihnachten ist. Auch hier wird die Zeit davor genutzt, um die Phantasien hinsichtlich Dekorationen und Geschenken zu wecken und die Kauflust anzuregen. Die aufgebauten Weihnachtsinseln in den Kaufhäusern sind mal mehr, mal weniger auffallend positioniert. Im „Myers“ fiel die liebevolle, aber nicht kitschige Deko in den Blick. So wurde man eingeladen, eine Reise zum Nordpol zu begehen (natürlich symbolisch). Auch hier wird Weihnachten mit Schnee assoziiert, obwohl der definitiv zur Weihnachtszeit an anderen Orten der Welt zu finden ist. Nun denn, das ist wohl der Allgemeinbildung zu verdanken, dass die Australier zumindest dekotechnisch für Schneeassoziationen sorgen. Die mit Batterie betriebenen singenden und wackelnden Weihnachts- und Schneemänner säumen den Platz unterm grünen Tannenbaum. Viele bunte Baumkugeln und andere Figuren, die es bei uns zum Teil nicht gibt, sowie Lichterketten, Weihnachtskarten usw. runden das Gesamterscheinungsbild ab. Lebkuchen habe ich noch nicht entdeckt, doch bereits gehört, dass auch diese käuflich zu erwerben sind. Vor allem die kleinen Kinder erfreuen sich der animierten Figuren, die ihre Lieder vom Band trällern und können sich gar nicht davon loslösen. Der Weihnachtsmann trägt die gleichen Kleider wie bei uns. Wieder ein Stück Vertrautheit zurück gewonnen.

Wednesday, November 8

Wissenswertes

Sprinklerbedingungen: Aufgrund der Wasserknappheit und der sich daraus ergebenden Wasserbeschränkungen hat man als Hausbewohner (auch wenn man nur Mieter ist) darauf zu achten, dass nur zweimal die Woche die Sprinkleranlage zur Bewässerung des Gartens benutzt werden darf. Damit dies nicht vollkommen durcheinander läuft steht in der Zeitung (auch im Ticker bei den Nachrichten) wann wer bewässern darf. Die Einteilung erfolgt nach der jeweils letzten Ziffer der Hausnummer. Wir dürfen dienstags und samstags unseren wenigen Pflanzen Gutes tun. Wird man bei der Bewässerung mit der Sprinkleranlage außerhalb dieser Tage erwischt, darf man ca. 2000 Dollar Strafe zahlen. Mit der einfachen Gartenschlauchbrause ist es außerhalb dieser Tage zusätzlich möglich, kleinere Flächen zu gießen (z.B. Blumentöpfe).

Krankenversicherung: Es gibt eine staatliche Grundversicherung (Medicare), die alle Australier haben. Dies bedeutet, dass man nur vorgeschriebene Ärzte konsultieren kann (in jedem Fall muss man zuerst zum Hausarzt), in staatliche Krankenhäuser kommt (im Notfall) und lange Wartezeiten auf geplante OPs hat (… und der Zeh tut so weh und der Hacken macht Kantaken und das Knie macht mimie …). Da man ja trotz dieser „Wehwehchen“ gehen kann, sind mitunter 2 Jahre Wartezeit auf die Behebung der Schmerzen ohne Zweifel zu ertragen, oder? Was sind wir Deutschen doch verwöhnt!

In jedem Fall geht nichts ohne den Hausarzt. Wenn der sagt, dass das Auge ohne Facharzt behandelt werden kann, dann ist das so. Punkt.

Wenn man mehr als eine Grundversicherung haben will muss man sich zusätzlich privat versichern. Dafür gibt es, wie soll es anders sein, unterschiedliche Versicherungsanbieter. Vorteil: weniger Wartezeiten, mehr Service, Krankenhauswahl (auch private), Arztwahl etc. Für die Medicare werden 1,5 % vom Gehalt monatlich abgezogen. In der Regel wird dies einmal im Jahr gemacht und in der Summe bei der Steuererklärung abgezogen (oder man zahlt es eben monatlich). Wenn man keine Zusatzversicherung hat, kommen da noch 1% monatlich zusätzlich dazu (allerdings nur, wenn man unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt). Hat man eine private Versicherung kann man beispielsweise unterschiedliche Pakete buchen und zahlen. Je nachdem welche Wünsche erfüllt werden sollen, schwankt das von 90 Dollar bis … Dollar. Auslandskrankenversicherungen sind grundsätzlich nicht in den Paketen enthalten. Allerdings, wenn man nicht zusätzlich versichert ist und im Ausland einen Unfall hat, wird im Fall eines Unfalls ein bestimmtes Limit gezahlt. Ansonsten, wenn man sicher gehen will, schließt man bei den Versicherungen eine Reisekrankenversicherung ab.

Bildungssystem: Nach der 10. Klasse hat man die Schule abgeschlossen und kann dann entscheiden, ob man noch weitere zwei Jahre auf der Highschool verbringt. Ich weiß noch nicht ganz genau, ob Folgendes stimmt (habe dazu unterschiedliche Infos): Angeblich können die Schüler ausschließlich die Fächer in den zwei Jahren belegen, die für den Zugang zur Uni und den entsprechenden Studiengang erforderlich sind. Das sind mitunter 5 Fächer. Praktisch bedeutet dies, dass man ausschließlich in dieser Richtung studieren kann und nichts anderes. Wenn ich also kein Mathe studieren will, brauche ich keine Mathematik in den zwei Jahren belegen! Man hat sich früh zu entscheiden, was man werden will. Andere sagen, dass die zwei Jahre alle Kids global ausbilden und die Bedingungen für den Unizugang erfüllt sind. Allerdings in jedem Fall muss man ein bestimmtes Rating oder Punktzahl erreichen. Im jeweiligen Territorium (z.B. Western Australia) werden immer zu gleicher Zeit, am gleichen Tag, im gleichen Fach mit gleichen Fragen die Examen am Ende der 2 Jahre geschrieben. Damit ergibt sich ein Vergleichswert. Darüber entscheidet sich, wer wohin darf. Das hat nichts mit dem NC in Germany zu tun. Scheint aber ein Äquivalent zu sein.

Culture meets Culture: Die Nationenvielfalt in Australia ist im friedlichen Sinne ein Vorbild für andere Staaten dieser Erde. Australien ist schließlich ein Einwanderungsland. Interessant ist hingegen, dass gerade die Urbewohner dieses 5. Kontinents, die Aboriginies, zur Randgruppe gehören. Das stellt sie zunächst gleich mit den vielen anderen Menschen unterschiedlicher Herkunft. Aber: Die Diskriminierung (als Form von Rassismus) besteht zum allergrößten Teil gegenüber den Menschen, die diesen Kontinent schon vor 200 Jahren bewohnt haben. Warum ist das so? Alle anderen sind in allen Schichten dieser australischen Gesellschaft vertreten (Asiaten, Iraner, Pakistaner, Panasier, Chinesen, Deutsche, Italiener, Schweizer etc.). Nur die Aboriginies nicht. Diese Problematik ist nicht neu, aber wert beforscht zu werden. Ich werde mein Bestes tun.

Die Aussies sind Weltmeister im Abkürzen. Da hat man es als Außenstehender schwer, zu verstehen. Barby=Barbecue, Bicci=Biskuit, tabwater=Tablewater (Rechtschreibung unter Vorbehalt). Die, wie bereits beschrieben, Bildung ist genauso reduziert. Man tut nur das, was nötig ist. Eine absolut minimalistische Haltung. Ehrgeiz ist wohl ein selten gebrauchtes Wort.

In der Curtin University gibt es für jede Religion Räume zum Beten. Einmal im Monat kommt ein Vertreter und wenn es ein buddhistischer Mönch ist, zu dem man bei Bedarf gehen kann. Wenn dieser z.B. Freitagmittag kommt, werden die Vorlesungen auch schon mal verlegt, damit diejenigen Studenten, die dort hin wollen, auch dort hingehen können.

An der Uni: gibt es auch viele Psychologen und Ärzte. Hier können die Studenten Beratung einholen. Und nicht nur Beratung zum Studium bzw. zum Umgang damit (Stress, Prüfungsangst), sondern auch Eheberatungen oder Ähnliches kostenfrei nutzen. Die Einstellung, dass sich alles um den Studenten herum auf sein Studium nachhaltig auswirken kann, ist Basis und Konzept für dieses Angebot. Darüber hinaus werden in den Semestern Kurse zur Bewältigung der Prüfungsangst gegeben. Wer nicht zum Psychologen gehen will kann eben auch den Priester, Pfarrer, Mönch,… für Beratungen aufsuchen.

Ein australischer Student zahlt an dieser (staatlich) Uni ungefähr 2000 Dollar pro Semester. Alle international Students zahlen wesentlich mehr (ca. 8000 Dollar). 1/3 des Uni-Business hat über die international Students eine attraktive Einnahmequelle. Nicht nur die Unis profitieren davon, sondern auch die Region. Studenten müssen hier wohnen, leben und Party machen. Das ausgegebene Geld bleibt im Land und die Studenten verlassen es, wenn sie mit dem Studium fertig sind. In Perth gibt es bei einer Einwohnerzahl von ca. 1,5 Millionen 5 Universitäten (nur eine davon ist privat). Als ich das zuerst gehört habe, dachte ich, dass das wohl ein bißchen übertrieben ist. Mit dem zusätzlichen Wissen um das Geschäft mit den internationalen Studenten wiederum absolut nachvollziehbar.

Tierische Besucherin

Oder muss ich Besucher sagen? Ich bin mir nicht sicher, denn ich kann das Geschlecht nicht erkennen.

Während ich hier so sitze kommt ein großes Tier auf die Terrasse. Mein Herz fängt an zu rasen. Was könnte das sein? Meine Wahrnehmung spielt verrückt. Ist das wirklich eine Katze? Unglaublich ... mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht mit einer Katze !!! Ob sie wohl auch australisch miaut?

Heute war ich mal wieder unterwegs und bin bei herrlichstem Sonnenschein an der Küste entlang zum Hillarys Boathabour gefahren (Achtung! Ich bin wieder mit dem Auto unterwegs!). Dort habe ich 5,5 Stunden mit E. verplaudert und eine Menge interessante Infos erfahren, die demnächst reflektiert veröffentlicht werden.

Ich bin beschäftigt und nicht erreichbar. Der Anrufbeantworter war voll, die Wäsche wartet immer noch darauf abgenommen zu werden. Ich komme mit der "Hausarbeit" gar nicht hinterher.

Wie es mir geht? Sonnenbrand nach 3 Minuten stehen, schmerzender Rücken nach 40 Minuten laufen (gestern), müde (weil spät und mit viel Wein im Blut ins Bett), aufgeregt (weil heute Abend wieder verabredet), froh (mit Family telefoniert-alles geht es den Umständen entsprechend) und sonst: unbeschreibbar.

Tuesday, November 7

Das Gesellschaftsereignis

Vielleicht hat es der eine oder andere in den Nachrichten gesehen, was die Aussies machen, wenn hier ein Staatsfeiertag begangen wird. Leider war dieser heutige Tag nur in Victoria frei, weil in Melbourne der sogenannte Melbourne Cup stattfand.

Bei unserem Kaffe um die Mittagszeit heute am Strand war der Laden voll mit großen Hüten und Frauen darunter.
Nicht mal 2 Minuten dauerte dieses jährlich stattfindende spektakuläre und teuerste Pferderennen in Australien. Die Damen sprangen auf, standen vor dem Monitor, rissen die Arme hoch und jubelten. Kurz danach konnte man nur noch ihrer Äußerlichkeiten wegen erahnen, was sie an diesem Tag hierher getrieben hat.

Bei Thomas gab es Kartoffelsalat und Krabben. Natürlich wurde dort für kurze Zeit (wie geschrieben: nicht mal 2 Minuten) das Rennen gesehen und dann durften alle weiter arbeiten.


100.000 Zuschauer an der Rennbahn und alle restlichen Australier erlebten das Rennen life vor Ort oder am Bildschirm. Die können feiern und wenn das ganze nur 2 Minuten dauert.

Tag 2

Die unvertraute Geräuschkulisse (diverse Tiere und deren Laute) und der Wecker rufen mich in den zweiten Tag. Ein schönes Frühstück noch und dann bin ich das erste Mal alleine hier im Haus. Zu tun gibt es Vieles; ich darf aber auch noch Urlaub machen und gar nichts tun. Thomas rief mehrmals an und machte sich Sorgen. B. rief auch an und sagte, dass sie einen Gutschein weiterleiten muss/will. Da funkte es mir; hatte ich doch von meinem Kollegen einen Gutschein für down under geschenkt bekommen. Ich dachte, dass dieser Gutschein ausschließlich von einer Symbolik getragen wurde. War also nicht so. Nun hat mich der dazu gehörige Hintergrund erreicht. Sollte Jemand aus meiner ehemaligen Firma dies lesen: Ich habe mich gefreut, war überrascht und beeindruckt. Fax folgt.

Nach einem gemeinsamen Kaffee mit Blick aufs Meer haben wir uns noch ein wenig die Zeit mit einem Spaziergang am Strand vertrieben. Ich merkte gar nicht, wie gnadenlos sich die Sonne in meine Haut brannte. Nun haben ich also schon den ersten Sonnenbrand, war am Abend am Meer laufen, habe gekocht (ja ich werde Hausfrau und bekenne mich!) und sitze hier am PC und beende in diesen Minuten meinen Beitrag.

Ach ja, nachdem ich letzte Nacht nun zum ersten Mal eine Kakerlake im wirklichen Leben und ohne Zaun gesehen habe, sind die diversen Giftfallen gut aufgestellt. Ich lebe noch.

Der erste Tag im neuen Leben

Beginnt mit einer Überraschung. Thomas macht frei und tut alles was ich will. Du meine Güte, was man dafür tun muss, um das zu bekommen (Scherz). Wir waren in der Hitze unterwegs; ich habe erlebt wie es ist plötzlich mit 32 Grad konfrontiert zu werden und aus dem kalten Deutschland zu kommen. Der Wind, zum Glück, ist wirklich ein himmlisches Kind. So sorgt er hier doch dafür, dass die Wärme erträglich ist.

Auf unserer kleinen Terrasse kommt ein Käfer mit einem Huntsman im Maul so gar nicht klar und rennt wie verrückt die Wände hoch und runter. Der kleine Gekko von gestern hat sich aus dem Staub gemacht; die Schnecken langweilen sich an den Wänden, die Fliegen surren umher, die Kakerlake kommt noch.

Am Nachmittag schlug der Jetlag zu und forderte seinen Schlaf. Abends haben wir bei wunderbarem Blick auf die Skyline von Perth in einem sehr guten Restaurant gegessen. Thomas fragte den ganzen Tag „Wo bist Du?“. Ich antwortete: „In Australien“. In Gedanken bin ich bei meinen Lieben.

Die Nacht war unruhig; ich war hellwach und konnte mich nicht ablenken. Meine Traurigkeit holt sich ihren Raum und ließ mich schlaflos bleiben.

Hallo

Abends am Tag meiner Ankunft dann mit allen zuhause Kontakt aufgenommen. Sister, die mich zum Hamburger Flughafen gebracht hatte, sendete per Mail die Abschiedsfotos. Als ich diese öffnete war auf einmal alles wieder präsent und ich war zutiefst erschrocken. Ich habe diesen Schmerz gesehen und die tiefe Traurigkeit. Was habe ich getan?

Ja in der Tat, darüber habe ich nachgedacht. Darf ich absichtlich anderen lieben Menschen so etwas antun? Muss man ich danach fragen?

Als Tochter darf i chso etwas nicht; als Schwester ja und als erwachsene Frau auch. Warum vermischen sich diese Rollen immer wieder unm warun lässt die Macht des Über-Ichs nicht locker? Weil ich es zulasse. Ich sage „nein“ zu einer Erwartung, die ich nicht mehr erfüllen konnte und bleibe dennoch Tochter und Schwester.


Alle meine Gedanken sind stets bei Euch!!!

Angekommen

3 Minuten früher; es ist in Perth 5:17 pm (in Deutschland: 10:17) lande ich auf dem 5. Kontinent. Es ist noch hell. Ich bin überhaupt nicht aufgeregt; denke tatsächlich nur den jeweiligen Schritt. Warte auf mein Gepäck; nasche die letzten Gummibärchen bevor ich sie der Quarantäne opfern muss und …

Nach dem endlosen Anstehen bei Kontrolle und Quarantäne tut sich die Tür auf. Suchend blicke ich mich nach Thomas um, der relativ schnell braun gebrannt vor mir stand. Nach 3,5 Monaten liegen wir uns in den Armen und steuern hinaus in den lauen warmen Abend. 28 Grad erwarten mich ebenso wie ein wunderschöner Sonnenuntergang am Meer mit anschließendem Milchkaffee am Strand. Bin ich im Urlaub?

Saturday, November 4

Abgeflogen















Ich träume im Traum. Das was mir gerade passiert, hat nichts mit mir zu tun. Ich sehe von außen zu. Warum ist diese Regina da unterwegs? Warum sitzt sie im Flieger und hat Kopfschmerzen? Wo will sie hin? Das einzige, was sie weiß ist wo sie herkommt.
Und dann komme ich wieder ins Spiel und fasse die Realität an. Ich spüre auf einmal so viel Vertrautheit und sehr viel Abschiedsschmerz. Ich bin schon so lange unterwegs und weiß nicht wann ich ankomme. Ich fühle mich orientierungslos, mein Gleichgewicht ist weg. Hier bin ich wieder ich. Und dann bin ich wieder nicht mehr ich. Ich sehe weiter zu, wie die andere Regina dahin schwebt fernab jeglicher Realität.

Es hat sich eingebrannt, nein besser, sie haben sich eingebrannt. Die Bilder des Abschieds von meinen Liebsten in Güstrow. Ich hatte es lange geahnt, dass es so schmerzvoll wird und es dennoch unterschätzt. Während ich versucht habe, das "Auf Wiedersehen" in Etappen zu organisieren, konnte ich auf einmal ganz ruhig die letzte Nacht bei meinen Eltern verbringen und gut schlafen. Keine Unruhe, keine Sorge, kein Schmerz, keine Tränen.

Und dann war der Samstagmorgen mit aller Macht gekommen. Die Worte konnten nur undeutlich formuliert werden, denn die Tränen haben den Sinn verschluckt. Ich habe mich zusammen gerissen bis ich nicht mehr ich selber war. Es tat und tut mir so unendlich leid, meinen Eltern und meiner Sister dies anzutun. Und da ist es wieder: das schlechte Gewissen. Ich weiß was dieser Abschied für meine Familie bedeutet und weiß deshalb, dass es ihnen vorkommen muss, als ob ein Teil des Herzens messerscharf und bei lebendigem Leibe raus geschnitten wird. Es wird nicht mehr heilen können. Ihre vielen Tränen, zitternden Lippen und roten Augen haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Und alles was mir in diesem Moment blieb war meine Stärke, sie zu trösten und ihnen zu sagen, dass ich im März wieder da bin (wenn auch nur ein paar Wochen). Doch Trost half nicht, den Schmerz zu verbannen, also schwieg ich ab einem gewissen Zeitpunkt und drückte meine eigenen Gefühle weit nach hinten. Ob mir diese Maske stand? Ich denke nicht. Es konnte mir nicht gelingen, meine Traurigkeit meinen Liebsten zu zeigen, aus Sorge, dass sie dann noch mehr weinen werden.

Nun sitze ich im Flieger nach Perth. Habe bereits in Dubai meine Runde gedreht und versuche ab und an im Flieger zu schlafen. Mir wird bewusst, dass ich mich mechanisch bewege und meine Empfindungen unfassbar für mich sind. Ich kann, selbst wenn ich mich anstrenge, nicht benennen, was in meinem Inneren passiert.