Tuesday, July 22

Alte Bäume verpflanzt man nicht
















































Und sie tun es doch. So geschehen am anderen Ende der Welt. Obwohl, was heißt das schon: am anderen Ende der Welt. Bekanntlich ist die Erde rund, da gibt es keinen wirklichen Anfang und kein wirkliches Ende. Oder?

3200 Kilometer hat er sich bewegen lassen, auf einem 25 Meter langen Sattelschlepper von den Kimberleys im Norden Westaustraliens nach Perth in den Kings Park. Eine Attraktion, die seine Zuschauer hat und gebührlich zelebriert wird.

750 Jahre ist der Baum alt, ein so genannter boab tree, der umgepflanzt wurde. Mal eben so? Nein, natürlich nicht. Denn ein Highway wird im Norden ausgebaut und tatsächlich stand dieser Baum im Weg. Auf meine Frage an Thomas, warum man den HW nicht einfach drum herum baut, bekomme ich die Antwort, dass das wohl zuviel kosten würde.

Wir sehen in den Abendnachrichten einen wunderschön ausgeschwungenen Baum mit voller Krone und einer Pracht, die uns schon am Fernseher staunen lässt. Wie um Himmels Willen soll der so weit transportiert werden? Noch am Abend zuvor philosophieren wir mit Freunden, dass der Baum ein unglaubliches Wurzelgeflect haben muss. So tümmeln wir uns in unserem Halbwissen und sind ein wenig angesteckt von der Euphorie. Übereinstimmend schlussfolgerten wir, dass die wohl vorher erstmal so eine Art Röntgenaufnahme gemacht haben müssen, um zu sehen, wie tief und wie breit die Wurzeln ausgeschlagen sind.

Ein 130 Tonnen Kran brachte am Sonntag den 14 Meter hohen Baum in die richtige Lage, um ihn in die 3 Meter tiefe Grube herunter zu lassen. Thomas und ich kommen gerade rechtzeitig. Sie sind noch am Tun und die Redner reichen sich das Mikrofon nacheinander in die Hand. Zwischendurch tümmeln sich Aboriginis in Fell eingehüllt und einen Helm tragend. Sicher wegen der Unfallgefahr. Ein komischer Anblick.

Menschen haben die Straßen gesäumt, als der Baum wahrscheinlich auf seine größte und einzige Reise gegangen ist. Nun hat er einen neuen Standort und einen wunderschönen Blick auf den Swan River vom Botanischen Garten im Kings Park aus. Da würde ich auch gerne stehen und der Dinge harren, die so kommen. Nichts kann man mir anhaben. Weder Sonne, noch Wind oder Sturm. Regen will ich, wenn ich Durst habe. Ansonsten ruhen.

Die veranstaltete Rauchzeremonie der Nyoongar people hieß den Baum willkommen. Nun steht er neben 14 anderen Boabs und hat die Gesellschaft von weiteren 3000 anderen Pflanzen. Die Gija people (Aboriginis aus dem Norden) haben den Baum verabschiedet. Das Feuer bzw. der Rauch soll das Zuhause und das Zusammensein beweihräuchern.

Die Tradition besagt, dass man dort ein Feuer machst, wo man sein Zuhause hat, das ist dort wo unser Leben ist, wo wir singen und tanzen. Der Geist des Feuers schwebt um Jeden. Sie haben extra Brennmaterial aus den Kimberleys mitgebracht, um es zu verbrennen und alle zusammen zu bringen.

Es ist das erste Mal, dass ein Baum in diesem Alter über eine so große Distanz transportiert und umgepflanzt wurde.

Und wie wir schlussendlich sehen, hat die Krone ordentlich an Umfang verloren. Und die Wurzeln waren kaum zu erkennen. Ein staunender Zaungast erzählte Thomas, dass dieser Baum eher kleine Wurzeln hat. Er speichert das Wasser in seinen Armen. Macht ja auch mehr Sinn. Denn die Erde im Norden ist so trocken wie ein Zellstoff.

http://www.abc.net.au/news/stories/2008/07/18/2307969.htm

Saturday, July 12

Neulich

Überkommt mich der Wunsch, eine liebe Freundin in Berlin anzurufen und sie zu fragen, ob wir uns im La Paz treffen. So mal eben gleich um die Ecke. Wäre das nicht schön? Und dann realiserte ich, dass wir beide nicht mehr in Berlin leben. Ich habe mir selber einen Streich gespielt und geschmunzelt, nachdem mir das in Sekunden klar wurde. Trotzdem ich vermisse das.

Freunde treffen erscheint mir immer mehr zu einem bewusst geplanten Akt. Es ist unspontan und passiert nicht mehr von Jetzt auf in zwei Stunden. Auch das vermisse ich.

Wie schwer es ist, neue Freundschaften aufzubauen, wird mir hier immer mehr deutlich. Ich habe es nicht anders erwartet. Flüchte aber doch gerne mal in die Sehnsucht und spüre ab und an einen Frust. Abstände zwischen den Treffen sind manchmal viel zu lang, so dass wir häufig auf der Schwelle wie waren deine Wochen, wie die Arbeit etc. stehen bleiben und nicht so wirklich den Raum der Tiefe betreten. Ich bin froh, dass es eine Freundin gibt, mit der das viel mehr gelingt. Unser Austausch ist das Leben, manchmal von Schwere getragen und manchmal von Freude gezeichnet. Ich bin froh, dass es sie gibt. Sie ist nicht die einzige, zu der ich freundschaftliche Bande geknüpft habe. Aber diese Beziehung ist so, wie ich sie noch nie im Leben erfahren habe. Eine wunderbare Erfahrung und ich bin überrascht zu so etwas in der Lage zu sein.

Ich bin erleichtert, dass wir sehr nette Freunde gefunden haben, mit denen wir ab und an durchaus über dies und das quasseln können. Leider ist es manchmal sehr schwer, dass wir uns die Zeit nehmen in einen anderen Rhythmus des Miteinanders zu kommen.

Rar haben sich alte Freunde gemacht. Freunde, mit denen wir sehr häufig in Berlin unsere tiefsten Gedanken ausgetauscht haben. Ich akzeptiere das.

Überrascht bin ich darüber, dass sich ein paar Leute die Mühe geben, zumindest per email einen stabilen Kontakt zu halten. So ergeben sich auf anderen Ebenen als zuvor Beziehungen, die zwischen den Kontinenten existieren.

Winter

Frische Luft rein geregnet. Kein Smog, kein Staub, keine Pollen. Regen, Sonne, Sturm, Regenbogen, Wolkenhimmel. 20 Grad Höchsttemperaturen am Tag, 10 Grad und weniger am Abend, am Morgen und in der Nacht. Verwöhnt von angenehmen Temperaturen klappert nun auch schon mal das Gebiss. Perth in Australien grünt und ist lebendig. Das Meer schlägt seine Wellen ans Ufer, der Wind pustet die Haare vom Kopf. Drinnen läuft die Klimaanlage zur Höchstform auf, und das Bett ist der kuscheligste Ort, wenn es einmal angewärmt ist. Zu einer Heizdecke haben wir uns noch nicht durch gerungen.

Die Tage düseln so durch den Alltag und ähneln sich in ihrem Rhythmus immer mehr. Die Wochenende werden ruhiger und reizarm. Konzentrieren auf die Mitte und entspannen. Atmen.

Viele neue berufliche Erfahrungen speisen Teile meines Hirns und das Sprachzentrum läuft auf Hochtouren. Zwischen An- und Entspannung schalten die Synapsen hin und her, Transmitter und andere Botenstoffe transportieren Neues und rufen Altes ab.