Saturday, January 19

Stimmen sie noch?

Weit ab vom Geschehen der Welt genießen wir Bach, Haydn, Strauss und Co. Es hat Wohnzimmercharakter. Sie geigen und geigen. In der ersten Hälfte hat es den Anschein, dass sie niemals wieder aufhören wollen, so gleichsam spielten sie sich ein. Der Dirigent in blauer Jeans, in einem zu engem Frack und zu vollen Hosentaschen mit überladendendem Bauch gibt sich alle Mühe.

Die Frage kommt auf, warum ein Orchester überhaupt einen Dirigenten braucht? Die Violin Solisten spielen auf, wobei der eine seinen weißen Schwitzlappen lässig an der Violine kleben lässt, wenn sie beklatscht werden. Und sowieso aussieht, als ob er aufgrund von Fettleibigkeit gleich einen Herzanfall bekommt. Seine Hosen sehen aus, als ob sie bereits drei Tage getragen sind. Am rechten äußeren Rande sitzen zwei Musikerinnen, die sehr ernsthaft ihren Beitrag leisten. Ein Lächeln ist ihnen nicht zu entlocken. Sie wirken steif und ohne Freude bei der Sache.

Das Publikum ist alt, 80% älter als 60 Jahre. Eine Reihe vor uns sitzen Mama und Papa. Papa nickt ein und rollt ab und an den Kopf so komisch. Beim Aufrollen des Kopfes öffnen sich schnell die Augen. "Spielen die immer noch?" Ich muss schmunzeln und die Augen schließen, ansonsten würde ich losprusten vor Lachen. Meine Schwester von rechts fragt dann auch noch, ob ein Paukenschläger wohl auch so viel Gage bekommt, wie die anderen. Schließlich hat der ja nicht so viel zu tun.

Pause.

In der Reihe hinter uns unterhalten sich zwei Damen, die schon ganz verwirrt sind, weil die Programmabfolge der Stücke vertauscht wurde. Sie als Bachexperten hätten ja schon lange gemerkt, dass da was nicht stimmt. Peinlich, ich hab das nicht bemerkt.

Der Dirigent erscheint und spricht zum Publikum und wird damit sympathisch. Er spricht seine blaue Hose an und sorgt dafür, dass wir alle wissen, was gespielt wird und wann wir zu klatschen haben und wann nicht. Sind wir hier bei Loriot? Und dann macht er tatsächlich peinliche Ratespiele mit uns und fordert alle auf zu klatschen, wenn sie das Stück erkannt haben. Zum Glück drehte er sich nicht auch noch um und fragte, um welchen Komponisten es sich denn handelte. Glück gehabt. Und dann legen sie richtig los. Spielen energisch und fesselnd. Alte Köpfe wackeln hin und her. Walzertackte auf der kleinen Bühne des Güstrower Theater. Und zum guten Schluss der Radetzki Marsch. Jetzt ist auch der letzte in der hintersten Reihe aufgewacht.

Die Akustik hat was von Wohnzimmeratmosphäre, wobei die alle nicht in mein Wohnzimmer gepasst hätten. Selbst das Theater war zu klein, so dass der Männerchor zuhause bleiben durfte und das Programm umgestellt wurde.

Zum Stimmen sind sie nicht gekommen, und wir nicht zum zählen. Ein herrlicher Abend so weit ab von allem und so nah bei uns.

Friday, January 18

Die Kata

Heute vor einer Woche war ich bereits von Hamburg nach Güstrow unterwegs. Ich freue mich, hier zu sein, ohne Hektik und Verpflichtungen. Keine Arbeit, keine weiten Fahrten. Nur Familie und ein paar Freunde.

Die Zeit ist ausgefüllt und lässt viel Raum für Beobachtungen und Neuentdeckungen. Und auf einmal gefällt mir Güstrow wie nie zuvor.

Wenn da nicht immer wieder engstirniges typisch deutsches Verhalten meine Eindrücke trüben würden. In der Apotheke fragte ich beispielsweise nach bestimmten Ohrentropfen (wenn man Wasser im Ohr hat), die ich bereits in Australien gekauft und an mir ausprobiert habe. Hier bekomme ich einen Blick von oben, ich sehe geradezu wie die Dame hinter dem Schalter wächst und mir zu verstehen gibt, dass es so etwas nicht geben kann. Ohne ein weiteres Interesse, ohne ein weiteres Bemühen, um welches Zaubermittel es sich handeln könnte. Ohne die Suche oder das Angebot von Alternativen. Fertig waren wir und ich hatte eigentlich nichts anderes erwartet (dieses Verhalten hat nichts mit Güstrow zu tun, sondern mit einem generellen Benehmen im Servicebereich). Und ich kam mir sofort klein und dumm vor. So als ob ich gerade einem Harry Potter Buch entstiegen bin und unter einem Realitätsverlust leide. Ich habe noch einige Beispiele dieser Art, verzichte aber auf die weitere Beweisführung meiner Wertung.

Fairerweise habe ich dafür eine Begegnung mit einer Ärztin gehabt, die in mir ein vertrautes Gefühl weckte. Bewusst suche ich hier einen Facharzt auf, zu dem ich nur über das Halb tot sein in Australien vorgelassen werden würde (so jedenfalls mein aktueller Kenntnisstand). Und ich werde behandelt wie ein Star hier. Behutsam, umfangreich, zuverlässig und kompetent. Nun ja. Ich bin aber auch Privatzahler. Ganz sicher ist das eine andere Perspektive. Als Kassenpatient hätte ich vielleicht nicht so einen Check up bekommen.

Ansonsten urlaube ich und entspanne. Gestern fand ich mich auf einmal in einer Turnhalle wieder, die mitten auf einem Feld steht und im Dunkeln wirklich nur zu finden ist, wenn die Scheinwerfer des Autos groß genug sind. Es ist Karatekurs für Anfänger. Was ich dort tue? Ich sehe meiner Nichte zu, wie sie sich bemüht, diverse Koordinationen mit Armen und Beinen durchzuführen. Ich verstehe es nicht mal beim hinsehen und mein Selbstversuch scheitert bereits in meinen Gedanken. Als ich frage, ob ich zusehen darf, erhielt ich folgende Antwort: "Mitmachen ist die Divise. Schließlich ist man ja auch nicht nur halb schwanger." He? Ich denke, was ich mir da wieder eingebrockt habe und setze mich nach dem Ausziehen meiner Schuhe auf die Bank und rühre mich nicht mehr. Hoffend, dass ich nicht noch einmal aufgefordert werde, mich einzureihen und "Go" mitzuschreien. Ich habe Glück gehabt. Ich durfte sitzen bleiben und hatte auch so meinen Spaß.

Tuesday, January 8

Back home

Noch ganze drei Wochen bleiben, um mich zu erholen und mir Gutes zu tun. Thomas ist mittlerweile den zweiten Tag arbeiten und schwitzt schon beim Aufstehen. Der Sommer hat die Hitze nicht mehr im Griff. Und der Wind aus dem Westen kämpft gegen den aus dem Osten. Der Ostwind ist ziemlich warm und bläst wie ein Fön. Es ist ungeheuer lähmend und damit eine Herausforderung, das Haus kühl zu halten.

Unseren Urlaub auf Tasmanien haben wir sehr präsent. Im Moment erzählen wir täglich darüber, weil wir einiges an Mails bekommen, oder hier Freunde sehen, die ganz genau wissen wollen, wie es dort ist. Das hält die Erholung auf Trapp und wirft mich auf Gefühle zurück, die ich dort gehabt habe. Erstmalig habe ich so starkes Heimweh gespürt, weil mir alles so vertraut war. Ich habe sicher schon darüber geschrieben. Es war so intensiv, dass meine Träume beinahe jede Nacht von meinem Zuhause bestückt waren und in der Erinnerung ebenfalls sehr präsent sind.

So fliege ich also übermorgen nach Hause, um mein Bedürfnis nach meinem Familiennest zu befriedigen. Die Rückkehr von Tasmanien nach Perth war von Gedanken begleitet, wieso haben wir eigentlich Perth gewählt? Es gibt so viele interessantere Plätze auf der Welt. Hobart, beispielswiese; ist so viel lebendiger als Perth. Reicht die Lage von Perth am Indischen Ozean aus, um sich wohl zu fühlen? Und wo wird es hin gehen, wenn wir von Perth genug haben? Viele Fragen, ohne Antworten.

Zurück in Perth habe ich mich schneller wieder an mein Hierzuhause gewöhnt. Doch, es ist schön hier. Und ja, das Meer sorgt für Urlaubsstimmung, auch wenn der Alltag wieder präsent wird. Am letzten Wochenende haben wir eine Menge Spaß im Wasser gehabt. Und alle meine zweifelnden Gedanken über Perth waren verstrichen. Im Haus fühle ich mich wohl. Es ist wirklich schön. Doch immer ist dieser Gedanke, wie lange wir hier wohnen dürfen. Wird es bald eine Mieterhöhung geben? Und wenn ja, wieviel bereit sind wir zu zahlen? Oder müssen wir gar wieder Mitte des Jahres ausziehen? Ich mag daran nicht denken, dennoch rutscht es gerade immer mal in mein Bewusstsein.

Das Heimwehgefühl ist weniger geworden, als wir wieder hier waren. Für mich hat es auch damit zu tun, wie einfach es von hier aus, mit meiner Heimat im Kontakt zu sein. Das war in Tasmanien weniger möglich und hat ganz sicher Gefühle wie diese unterstützt.

Jetzt freue ich mich, wieder ein paar Tage in Deutschland zu sein. Am Freitag schon bin ich da und gespannt, wie es sich anfühlt. Damit bin ich erstmalig ein ganzes halbes Jahr von Deutschland weg gewesen. Viel länger kann ich es auch gar nicht aushalten.

Dennoch frage ich mich, ist der richtige Zeitpunkt? Einige meiner Liebsten haben runde Geburtstage, unser traditionelles Ostern, Weihnachten etc. Sollte ich nicht lieber warten, wenigstens bei einem dieser Ereignisse dabei zu sein? Ja, Weihnachten steht dieses Jahr für Familie in Deutschland. Das ist ziemlich klar und darauf freue ich mich. Doch, wenn ich jetzt fliege, sind es 11 Monate bis zu meiner Rückkehr. Im schlechtesten Fall. Ich beruhige mich damit, dass ich meine Sehnsüchte nicht planen kann und sie unabhängig bleiben müssen, von Geburtstagen und Ähnlichem. Manchmal schlüpft ein Gedanke hervor. Ist es zu egoistisch zu fahren, wenn mir so ist. Und dann nicht fliegen zu können, wenn es einen Anlass gibt? Es ist ein müßige Frage und kommt darauf, wann ich sie mir stelle.

Hin- und Hergerissenheit sind neue Begleiter meines Lebens. Und das Aushalten von Durststrecken ohne Wasser auch. Bis kurz vor der Vertrockung. Und dann muss ich eben egoistisch sein und trinken. Soweit ist es jetzt. Ich habe Durst und habe mir ein teures Wässerchen gekauft. Und ich weiß, wie köstlich es schmecken wird, wenn ich es trinken kann.

Sunday, January 6

General exam

Ein Anruf beim Zahnarzt zu einem Check Termin. Am Ende sagte uns die Rezeption, dass wir nun 450 Dollar zahlen müssen. Wir dachten, wir hören nicht richtig. Nur das Röntgen und das bloße Untersuchen der Zähne. Yep zur Kasse bitte. Unsere private Krankenkasse hat zum Glück einen Teil davon bezahlt. Nun haben wir jeder einen Behandlungsplan und wissen, was an weiteren Kosten auf uns zu kommt. Die Zahnärztin war wirklich sehr nett und wir hatten trotz der intensiven Untersuchung nicht den Eindruck der Abzocke. Sie hat alles mit uns besprochen und war sehr interessiert an unseren bisherigen Behandlungen.
Keiner hat mir geglaubt, doch jetzt habe ich den Beweis. Auf dem Röntgenbild meines Gebisses war ein Zahn zu sehen, in dem ein langes Stäbchen steckt. Das ist mein Kindheitstrauma, verursacht durch eine spritzen- und damit betäubungslose Wurzelbehandlung im Kindesalter. Die Zahnärztin sagte, sie wüßte nicht, was das ist. Und sie möchte da auch nicht ran, solange ich keine Schmerzen habe. Touch wood.

Mitbringsel aus Tasmanien



















TASMANIA

Tasmania

Unter dem Bild könnt Ihr Euch die Bilder unserer Reise ansehen. Mittlerweile kann man sogar auf die Tasmanien Landkarte gehen und sehen, wo wir die Bilder gemacht haben. Für ganz Fortgeschrittene kann man das auch in Google Earth runter laden.

Gestern habe ich die ersten Links per Mail verschickt und bekam als Frage zurück, ob in Tasmanien Winter war. Nein, auch wenn es teilweise so aussieht; es war kein Winter! Dennoch sind die Temperaturen in Tasmanien andere als in Perth. Wir hatten wohl im Schnitt um die 22 Grad. Grundsätzlich ist das warm genug. Doch wir haben auch gemerkt, dass wir verwöhnt sind vom Perther Wetter.

Mit unserem Campervan haben wir Tasmanien einmal grob umrundet und sind ca. 2000 Kilometer gefahren. Aus heutiger Sicht, ist Tasmanien ein Muss. Zumindest für diejenigen, die in der Nähe leben. Was für eine wunderschöne Insel. Ich hätte am liebsten jeden Winkel geknippst, um meiner Erinerung nichts entgehen zu lassen. Letztendlich haben wir an die 700 digitalen Fotos, zwischen denen ich für das Album auswählen konnte. Das zu entscheiden, ist nicht immer leicht. Es gibt einen extra Reisebericht mit powerpoint gemacht. Den können wir nicht online stellen, sondern nur auf CD brennen, und verschicken.
Auf der Mappe sind die Strecken eingezeichnet, die wir jeweils gefahren sind. Auf den ersten Blick wird ersichtlich, wieviel noch übrig geblieben ist.

Tasmanien hat ca. 500.000 Einwohner. Hobart ist die Hauptstadt von Tasmanien. 48.000 Einwohner. Höchster Berg: Mt Ossa 1600 Meter (Cradle Mountain, 1500 Meter hoch). Temperaturen: zwischen +40 und -13 Grad.

Tierische Besonderheiten: Tasmanian Crayfish (größter der Welt, kommt nur in Tassie vor, lebt in Flüssen, wird bis zu 3 kg schwer und kann durchaus einen Meter lang sein; Farbe: schwarz); Tasmanische Schlangen sind alle giftig (wir haben eine aus dem Auto gesehen); den Tasmanischen Teufel gibt es immer noch (ich habe ihn lediglich mal in einem Perther Wildlife Park gesehen); Tasmanischer Tiger (ist lange ausgestorben); Wombats haben wir viele gesehen (zuerst überfahren am Straßenrand, dann lebendig und ziemlich nah); Kängurus (gibt es zwei Arten; beim Wandern konnten wir einige sehen)

Hobart hat uns sehr gut gefallen. Eine Stadt, die lebendiger als Perth ist. Beide Städte haben das Glück am Wasser zu sein. Und beide Städte haben dieses Potenzial unterschiedlich genutzt. Im Vergleich hat Hobart da einen deutlichen Vorsprung, was Architektur, Nutzung der Lage, historischen Bauten etc. anbelangt. Hobart wirkt wie eine Hansestadt mit Flair und frischer Meeresluft.

Tasmanien vereint viele unterschiedliche Landschaften und ist damit sehr kontrastreich. Wahrscheinlich habe ich deshalb auch zum ersten Mal so richtiges Heimweh bekommen. Es ist dem Europäischen ähnlich (ein bißchen Norwegen, Schweden, Mecklenburg), hat was von Canada und Kalifornien (sagt Thomas, denn in Kalifornien war ich noch nie).

Der Flug von Perth nach Tasmanien über Sydney war recht nervig. Wir hatten bereits in Perth Verspätung und kamen somit in Sydney später an. Da in Melbourne an diesem Tag (20Dec) Unwetter war, haben wir unseren Anschlussflieger in Sydney zum Glück nicht verpasst. Denn auch dieser war verspätet. So kamen wir um Mitternacht in Hobart an (sind um 13.25 in Perth mit dem Flieger los!), dann schnell noch mit dem Taxi in die Lodge. Schlafen, Frühstücken und ab auf die Tasmanische Road. Am 21 Dec haben wir den Campervan abgeholt, bepackt (wir hatten so viel dabei, als ob wir eine Weltreise machen wollten), eingekauft und sind Richtung Norden entlang der Ostküste. Erstes Ziel war die Wineglass Bay (einer der 10 schönsten Strände der Welt). Wettertechnisch ahnten wir jedoch, dass wir wenig Glück mit dem Ausblick auf die Bay haben werden. Schlussendlich war es auch so. Auf unserer 5 Stunden Wanderung im Freycinet NP haben wir die Wineglass Bay gesehen, sind am Strand gegangen, haben von oben drauf geschaut etc. Einig darin, dass es so viele schöne Strände gibt und etwas verwundert, warum gerade diese Bay zu den Schönsten der Welt gehört.

Unseren Heilig Abend haben wir wie 2006 auf dem Campingplatz verbracht. Thomas hat sich einen Hummer gegönnt (ist das rote Etwas im Album mit dem Preisschild drum herum). Ich hatte beim Zugucken zu tun, dass ich nicht erbreche. Denn er musste diesen Hummer selbst zerlegen.

Alles Weitere kann man den kurzen Bildunterschriften im Album entnehmen.

Zusammenfassend war dieser Urlaub einer der Schönsten. Und Tasmanien läuft Canada beinahe den Rang ab. Wir werden wieder dorthin reisen. Irgendwann. So viel gibt es noch zu entdecken und zu machen.

Noch was Wissenswertes zum Schluss: Tasmanien heißt Tasmanien, weil es von Abel Tasman im 17. Jahrhundert entdeckt wurde. Außerdem war es mal mit dem Festland Australien verbunden. Von den Europäern aber erst im 19. Jahrhundert besiedelt.

Tuesday, January 1