Wednesday, November 29

A wie Aborigini

Unser Leben in Perth beginnt sich allmählich in alltägliche Bahnen einzuordnen. Auch wenn ich noch nicht für Geld arbeite, so hat uns der Alltag doch wieder. Ich frage mich zunehmend, was Australien anderes bieten kann, als das Leben von Berlin hier ähnlich zu bewerkstelligen. Und entwickle mehr und mehr den Gedanken diese Zeit unseres Lebens zu nutzen, um wirklich Neues zu erfahren. Ich wünsche mir die Energie und den erlebten "Zauber" unseres ersten großen Urlaubs in Australien zurück. Die Kraft und die sich daraus entwickelnde Ideenvielfalt will ich nutzen, um hier und heute anzudocken.

Was wissen wir über den kulturellen Background und die Geschichte des Urvolkes von Australien wirklich? Nicht viel. Alles ist hier und da mal aufgeschnappt und kann keine solide Basis für die Weitergabe von Informationen sein. Es tun sich Fragen auf:

Wo sind sie, die Aboriginis? Leben sie im Busch? Trifft man sie in den Städten nur betrunken an? Leben sie in einer Art "Ghetto"? Gehen sie einem geregelten Arbeitstag nach? Wie gestalten sich Begegnungen im sozialen Bereich? Gibt es noch den Vollblut Aborigini und wo kann ich ihn treffen? Kennen Australier mindestens einen Aborigini in ihrem unmittelbaren Umfeld? Und wenn ja, pflegen sie einen Kontakt miteinander? Ist es tatsächlich möglich, dass ein Australier in seinem ganzen Leben noch niemals einen Aborigini gesehen hat? Kommen Einwanderer mit dem Gedanken nach Australien, den Spirit der Aboriginis zu erleben oder zu entdecken? Wird Australien von außen überwiegend mit seinem Urvolk assoziiert oder mit den Strafgefangenen oder einfach mit dem tollen Land? Wer kümmert sich um die Integration der Aboriginis und wer lässt sie wirklich teil haben? Stimmt es, dass die Aboriginis ihre zugewiesenen Häuser nicht bewohnt haben, sondern diese zugemüllt und verdreckt haben? Stimmt es, dass sie die Häuser zu Brennholz gemacht und sich ein Feuerchen vor der Tür entfacht haben? Wollen sie überhaupt integriert werden und wenn ja, welche Vorstellungen haben sie davon? Warum lese ich in der Presse häufig nur über kriminelle Auffälligkeiten der Aboriginis und warum nichts anderes dazu? Wie kann es sein, dass so viele unterschiedliche Nationalitäten und deren Kulturen nebeneinander integriert existieren und die Gruppe der Aboriginis nicht dazu gehört? Gibt es eine Ablehnung gegenüber diesen Menschen und ist es Absicht, dass sie "aussterben"? Welche Formen von Akzeptanz und Respekt signalisieren eine echte Anerkennung der Aborigins? Und warum ist jeder Touriladen voll mit Aboriginikunst, obwohl der Verkäufer "weiß" ist?

Ich würde mich sehr über bereichernde Anmerkungen, Informationen oder einfach nur weitere Fragen zum Thema freuen. Vielleicht gibt es ja den ein oder anderen Leser, der ebenfalls ein ähnliches Interesse hat und seinen "Forscherdrang" und Wissensdurst befriedigen möchte.

Ich weiß, dass unser Schritt nach Australien an sich eine unheimliche Bereicherung in unserem Leben war, ist und sein wird und ich weiß auch, dass ich mich damit nicht zufrieden geben kann. Solange nicht, bis ich weiß, wie ich hier als Feldforscher tätig sein kann.

Nicht, dass jetzt dem ein oder anderen Leser Fragezeichen auf der Stirn stehen. Es geht mir, uns gut. Ich bereue es nicht, hier zu sein und genieße dieses Land in seiner Großzügigkeit, Weite und Möglichkeiten. In dem Interview für die Schriftsellerin, die ein sehr interessantes Buch veröffentlichen wird, habe ich an einer Stelle gesagt, dass der Schritt nach Australien zu gehen mit dem Suchen nach Etwas zu tun hat. Und genau dieses Etwas will ich nicht nur suchen, ich will es finden.

Tuesday, November 28

Get a step in

Ins Nest gepieckt.

Heute bin ich zu einem Interview (Vorstellungsgespräch) eingeladen worden. Sicher könnt Ihr Euch vorstellen, wie aufgeregt ich bin. Ich hatte über "supervised visits" geschrieben und im Idealfall wird das mein erster Job in Australien sein. Der größte Auftraggeber im sozialen Bereich (Anglicare) beschäftigt ungefähr 300 Mitarbeiter und ist in sehr vielen unterschiedlichen Arbeitsfeldern tätig.

Freitag Abend werde ich klüger und um einiges reicher an Erfahrung sein. Selbst wenn meine Sprache noch nicht ausreicht und ich den Job deshalb nicht bekomme, dann habe ich zumindest erste ernstzunehmende Kontakte hergestellt. Dann probiere ich es eben nach meinem Intensivsprachkurs erneut. Im nächsten Jahr wird Anglicare den Bereich der Mediation ausbauen und neue Standorte eröffnen. Bis dahin muss mein Englisch fit sein.

Die supervised Visits sind gleichzusetzen mit begleiteten und beaufsichtigten Kontakten zwischen einem Elternteil und dem Kind. Das Gericht entscheidet über die Art und Weise der Besuche, die entweder im Child Care Center durchgeführt werden oder auch außerhalb. Je nachdem um welchen Delikt es sich handelt, der zu dieser Situation geführt hat. Häufig geht es um sexuellen Mißbrauch, körperliche Gewalt ggü. den Kindern oder der Frau. Beide Elternteile kommen zur vereinbarten Zeit in dieses Child Care Center und warten in unterschiedlichen Warteräumen. Das Kind wird dann i.d.R. zum Vater gebracht und keine Minute aus den Augen gelassen. Die Mutter wird (wenn es sich um Stalking handelt) sicher zum Parkplatz zurück gebracht, damit sie wieder nach Hause fahren kann. Die Besuche werden protokolliert und an das Gericht weiter geleitet. Einmal monatlich gibt es Teamsitzungen. Pro Stunde verdient man 25 Dollar und arbeitet primär an den Wochenenden (Umfang hängt vom Zeitumfang des Besuchsrechts ab). Das Interesse des Kindes steht im Mittelpunkt, Beeinflussungen, Bedrohungen etc. müssen von der Begleitperson sofort gestoppt werden.

Gesucht werden dafür u.a. Psychologen, obwohl die Arbeit an sich nicht wirklich der Qualifikation entspricht. Meine Gedanken schweifen sofort an meine beruflichen Anfangszeiten zurück und meine Ängste auch. Außerdem denke ich zwischendurch immer wieder, dass ich so etwas nicht machen wollte. Und jetzt kommt das Aber!

Um das System in seiner Ganzheitlichkeit zu erschließen ist es hilfreich unten anzufangen (ich erinnere an denjenigen der erstmal die Teller abwäscht), um das Miteinander besser zu verstehen. Außerdem werde ich immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass das ein "step in" ist. Der Fuß in der Tür. Alles Weitere würde sich dann finden.

Ich werde mich nun meinem englischen Lebenslauf und einige Zeit der Verzweiflung widmen, bis ich den CV so habe, wie er sein soll.

Sunday, November 26

Und wer bist Du?

"Ich bin Regina."

"Und wie lange bist Du schon hier?"

"3 Wochen."

Da bin ich nun in Australien und lerne weiter viele deutsche Menschen kennen und bin beeindruckt, wie groß diese Kreise sind. Verlockend ist es das "How are you doing" zu leben und oberflächlich zu werden. Nicht alle Menschen, die ich kennen lerne, muss ich mögen, auch wenn sie deutsch sind und Ähnliches erlebten wie wir/ich. Interessante Mischungen, unterschiedliche Persönlichkeiten, nette und weniger sympathische.

Ich brauche eine Weile, um zu beobachten, Kontakt aufzunehmen und abzuschätzen, wie unsere Wellenlänge ist. Über die ersten Fragen und gute Ratschläge gehen die Gespräche noch nicht hinaus. Selbst das bewusste Eintauchen in die Gespräche mit native Speakern (echte Australier) war eher zäh. Sicher hatte das was mit meinem Sprachniveau zu tun, aber auch damit, dass wir wenig Bezug zueinander haben. Damit ich nicht gleich alle Fettnäpfe besetze, halte ich mich zurück und warte primär darauf, dass ich gefragt werde. Bei der Entscheidung zum Daylight Saving allerdings habe ich echte Australier fragen können, was sie davon halten. Außerdem entdeckten wir Ähnlichkeiten in den Traditionen zu Weihnachten und Sylvester. Na das ist doch schon mal ein Anfang.

Great Bike Ride Perth





Es ist doch nicht zu glauben, da stehen wir jeden Morgen in der Woche um 7.00 auf und könnten wenigstens am Wochenende ausschlafen. Der Samstag beginnt für Thomas grundsätzlich um 5.30 am (ich schaffe das noch nicht, drehe mich lieber noch mal um) und auch der heutige Sonntag begann bereits um 5.45 am mit einem lauten Weckton. Für 35 AD Startgebühr den Körper in Bewegung bringen. Mit dem Rad ist Thomas heute ins Rennen gegangen. 7.35 am im Grid F = Startzeit. Wir waren frühzeitig da, so dass Thomas einen guten Startplatz hatte und wunderten uns, dass doch so wenig andere Sportbegeisterte Gleiches taten. Der Rasen war beinahe leer. Schon eine Viertelstunde später hatte ich zu tun, Thomas im Blick zu behalten.

So viele bunte Helme habe ich noch nie gesehen. Es hatte den Anschein, als ob halb Perth auf dem Rad 12 km, 53 km oder 106 km am frühen Morgen ins Rennen ging. In entspannter sportlicher, weniger kämpferischer, Atmosphäre starteten die Gruppen nacheinander. Nach 1 Std. und 34 Minuten sowie 53 absolvierten Kilometern habe ich Thomas beim Zieleinlauf noch gerade so auf den Kameraspot bekommen.

Dieses Fahrradrennen findet einmal im Jahr statt. Letztes Jahr waren es an die 2500 Menschen; dieses Jahr sollen es mehr gewesen sein. Wäre Thomas letztes Jahr mit dieser Zeit ins Ziel gekommen, wäre er unter den ersten 250 Fahrern gewesen.

http://www.greatbikeride.com.au/event_stats.htm

Saturday, November 25

Be an Australian Psychologist

Ich hatte heute den ersten lebendigen Kontakt zu einem Psychologen. Wir haben ihn in seinem Haus besucht und verbrachten zwei Stunden damit, uns über das Leben hier, die Bedeutsamkeit des Wechsels und den Arbeitsmöglichkeiten zu unterhalten. Zum ersten Mal war ich gezwungen in englischer Sprache über mich und meinen Background zu berichten. Das war zwar holprig, ging dennoch ganz gut.

In der Summe erlebte ich einen Psychologen, der das easy going in Australien lebt, nicht wirklich von seiner psychologischen Tätigkeit abhängig ist und einen Kontakt für mich zu einer deutschen Psychologin herstellen wird. Ohne große Hoffungen zu wecken, habe ich vielleicht eine Chance dort zu arbeiten. Vorerst im Rahmen von „supervised Visits“.

Mir bekannte feststehende Begrifflichkeiten werden hier so weitläufig verwendet, dass sie den eigentlichen Bedeutungsgehalt entfremden. Supervision hat für mich nicht wirklich etwas mit begleiteten Besuchen bei geschiedenen Paaren zu tun, die ihre Kinder unter Aufsicht sehen dürfen. Sollte ich jemals in den Genuss dieser Tätigkeit kommen, werde ich berichten.

Ansonsten recherchiere ich täglich und suche weiterhin nach Weiterbildungen. Während ich bereits Kontakt zum Milton Erickson Institute aufgenommen habe warte ich immer noch auf Antwort der Australian Relationship Institution, der Curtin University und dem Gestattherapy Institute. Deutlich geworden ist mir bei meinen vielen Aktionen letzte Woche, dass zunächst große Namen (z.B. Milton Erickson Institute) bei google zu finden sind. Dahinter stehen aber oftmals nur Einzelpersonen. Unglaublich, dass eine Person so einen Namen tragen darf.

Das Mediationsverfahren wird hier wesentlich mehr als in Deutschland unterstützt. So wurde beispielsweise vor Kurzem gesetzlich beschlossen, dass Paare, die sich scheiden lassen wollen, eine Mediation machen müssen. Dies gilt primär für Paare mit Kindern. Erst wenn eine Mediation keinen Erfolg hat, kann man vor Gericht gehen. Ein guter Ansatz für mich, um in diesem Bereich Kontakte zu knüpfen und neue Erfahrungen hinsichtlich der Akzeptanz und Integration des Verfahrens in der Gesellschaft zu sammeln.

Thursday, November 23

Der Wind und die Klassik



Als ich in Perth angekommen bin, schenkte Thomas mir Karten für ein klassisches Konzert in Fremantle. Dieses Konzert konnten wir heute mit Freunden genießen. Nach einem kurzen Picknick vor den „Toren“ des Innenhofes genossen wir unseren guten Blick auf das Sextett, das sich abmühte, die Notenblätter am Platz zu halten und dem Wind zu trotzen. In angenehmer und unkonventioneller Atmosphäre lauschten wir den klassischen Klängen, die sich mit dem Wind vermischten. Ich bin froh, dass sich meine Gedanken der Musik hingeben konnten, obwohl ich trotz der netten Atmosphäre und musischen Qualität der Musiker, nur mit wenigen Beiträgen etwas anfangen konnte. Geschmack trifft nicht immer den Gleichen und öffnet deshalb Horizonte.

Tuesday, November 21

Lass das Licht an

Daylight Saving (DLS) – endlich nach 14 Jahren Diskussion wird nun nächstes Wochenende die Uhr umgestellt, so dass wir 8 Stunden Zeitverschiebung nach Deutschland haben.

Für den Surfer, Freizeitgenießer, Strandgänger, Kneipensitzer, Walker, Läufer und Fahrradfahrer ein Gewinn.

Für die Einkäufer nicht, denn die Öffnungszeiten bleiben starr.
Für die Leute, die über die Grenzen von Western Australia beruflich tätig sind auch kein Gewinn.

Für diejenigen, die nicht so gerne schwitzen ebenso wenig. Die Zeitspanne der Kommunikation über die Grenzen hinweg wird kürzer und muss noch genauer geplant werden. In drei Jahren wird überprüft, was das DLS gebracht hat.

Sunday, November 19

Event in Perth

Zum ersten Mal fand das Red Bull Air Race in Perth statt. Man kann sich kaum vorstellen, dass viele Zuschauer dafür mehr als 400 km gefahren sind, um sich dieses Spektakel anzusehen. Ist aber so. Wann passiert schon mal so ein großes Event hier in Western Australia.

Im Juni war dieses Red Bull Air Race in Berlin Tempelhof zu erleben. Als wir damals von dem Rennen nach Hause kamen entdeckte Thomas im Internet, dass das nächste und letzte Rennen für dieses Jahr in Perth sein würde. Da hatten wir unseren ersten großen Event in Perth vor Augen. Unglaublich und nun standen wir hier - ein "paar" Meilen südlicher von Berlin :-).

Um 9.00 waren Thomas und ich im Park am Swan River und haben uns dort ein schönes Schauplätzchen ergattert. Zu dieser Zeit war es noch relativ überschaubar, was die Zahl der Menschen anging. Einige hatten sich gut auf diesen Tag vorbereitet. Sie waren mit ihren Picknickausrüstungen und Sonnenzelten gekommen, um einen netten Tag am Swan River zu verbringen und in Reihe 1 zu sitzen, um einen guten Blick zu haben. Wem dies nicht reichte, der stieg sogar die kleine Mauer hinunter ins Wasser, stellte dort seinen Campingstuhl auf, um die allerbesten Fotos machen zu können. Wem auch dies noch nicht genügte, der schwamm eben noch mal ein bisschen im Swan und kam den Pylonen am nächsten (vor Rennstart wurden sie dann aber aus dem Wasser geschickt).

Zunehmend wurde es voller, aber auch die letzten Besucher konnten sich gut positionieren und den Piloten bei ihren waghalsigen Flügen zu sehen.

Eines der wichtigsten Dinge, die man mit sich führen sollte ist der Fotoapparat. Da die ganzen Bilder hier nicht in den Blog passen und vielleicht auch nicht jeden interessiert, kann man auf den Link klicken und sich das Fotoalbum in aller Ruhe zu Gemüte führen.


http://www.fotoalbum.web.de/gast/medikon/Red_Bull_Air_Race_Perth_2006



Unter folgendem Link kann man einige Hintergründe sowie die Ergebnisse zu den Rennen erfahren. Unser deutscher Pilot kam in der Gesamtwertung auf Platz 7, in Perth schaffte er nur den 10. Platz. http://www.redbullairrace.com/standings.php

Saturday, November 18

Mit dem Rad














In der Tat habe ich auch das Gefühl, dass das Wochenende mit einem Kurzurlaub vergleichbar. Der Wochenalltag gerät in den Hintergrund und verblasst an den beiden Tagen am Ende der Woche.

Thomas hatte heute schon seine 60km-Tour hinter sich und konnte sich ein ruhigeres Tempo gönnen. Wir sind mit dem Rad nach Freemantle gefahren (eine Strecke ca. 20 km) und zurück. Für den Hinweg haben wir 2 Stunden gebracht. Das lag natürlich am Gegenwind, an den schönen Aussichten, aber auch an meinem Schneckentempo. Thomas fragte mehrmals, ob das noch schneller geht. Ich musste verneinen. Wenn wir das jedes Wochenende tun, dann wird es sicher weniger Zeit in Anspruch nehmen.

Grundsätzlich kommen mir auch bei solchen Aktivitäten sehr schnell die Gedanken, dass ich alles, aber auch wirklich alles, neu erschließen und dann auch noch für mein langsames Tempo entschuldigen muss. Der Kloß im Hals wird dann größer in solchen Momenten und mir wird bewusst, dass Thomas einen ungeheuer großen Vorsprung hat, den ich noch lange nicht eingeholt habe. Ich hechle hinterher und vergesse mich selbst dabei. Das stimmt mich traurig und wütend zugleich. Ab und an erwarte ich eben immer noch etwas mehr Toleranz. Häufig bekomme ich zu hören: "... ja, das kenne ich schon ... ne, da war ich schon ... hätte ich auch gleich sagen können ... die und die machen das so und so ..." Ich ertappe mich dabei, dass ich in solchen Situationen eine gedankliche Höhle suche, in der ich mich verstecken kann und aus der ich wieder raus komme, wenn alles vorbei ist.

Zurück zu unserer Radtour, die bei dieser Kulisse ein Highlight war. Ich genieße den Blick über das Meer und versuche die Realität zu fangen. In Freemantle haben wir noch ein paar Reisebücher gekauft, damit wir unsere Weihnachtstour in den Süden vorbereiten können. Ein wenig Kaffee trinken, etwas essen und mit B.,D. & N. zusammen sitzen. Ausreichend gestärkt mit dem Rad zurück nach Doubleview (ging übrigens wesentlich schneller; hat doch was mit dem Wind zu tun). Abends bei den Dreien BBQ gemacht und dieser Samstag war perfekt.

Thursday, November 16

Gedanken

Kann ich meinen Selbstwert vor mir selbst aufrechterhalten, wenn ich keiner sinnvollen Beschäftigung nachgehe? Bin ich trotzdem etwas wert?

Der Perspektivenwechsel, der ja lange vorbereitet war, hat mich mit Macht getroffen. Plötzlich sitze ich ohne Arbeit zuhause, wasche Wäsche, mache Pizza und hänge so rum. Was habe ich früher über die Frauen „gelästert“, die mit ihren Männern ins Ausland gegangen sind und ohne Arbeit waren. Damals sagte ich u.a. „das würde ich nie machen.“ Ja und da ist das Wörtchen „nie“. (Ich lasse die Finger zukünftig vom Gebrauch dieses Wortes.) Und jetzt sitze ich selbst hier und tue genau, erlebe genau das, was viele andere schon vor mir erlebt haben. Wie es ihnen damit wirklich wohl ging?

Mir gefällt das nicht, wenn ich mir vorstelle, dass er Extremfall zwei Jahre so ablaufen wird. Nach zwei Jahren machen wir einen Stop und werden überlegen, ob wir bleiben oder nicht. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wenn ich in diesem Schneckentempo 2 Jahre älter werde.


Wednesday, November 15

Tagesstruktur

„Hab schöne Ferien“ so haben sie mich nach dem Frühstück diese Woche am Mittwoch verabschiedet.

Hinter der Kulisse beginnt es zu brodeln. Es fällt mir ungemein schwer mich aufzuraffen und Dinge zu erledigen. Montag kehrte die Stille ein, die ich letzte Woche nach meiner Ankunft eigentlich erwartet hatte. Mit Stille meine ich, dass ich nun viel Zeit habe, um über meinen Weg hierher nachzudenken und vor allem darüber, was ich nun tun kann.

Im Moment sitze ich in der Grube, die ich mir selbst geschaufelt habe und überlege angestrengt wie da wieder raus komme. Es geht nicht um Heimweh, sondern darum mich am Tag sinnvoll zu beschäftigen.

Mir fällt auf, dass es weniger die finanzielle Abhängigkeit ist, die auf mich zukommt, sondern eher die fehlende Aufgabe. Ich habe keinen Plan und das macht mich unruhig.

Also habe ich begonnen, mir eine grobe Struktur für den Tag zu basteln, die immer noch genügend Spielraum für Unvorhergesehenes lässt. Morgens soll der Platz für Sport sein, dann PC-Zeit, mittags bis Nachmittags habe ich die Zeit geblockt, um zu recherchieren und zu „forschen“, abends gibt es Thomas, Freunde und evtl. Sport, wenn ich es morgens nicht geschafft habe.

Was habe davon umgesetzt? Nun ich habe zumindest schon die Interviewfragen für eine Berliner Autorin, die ein Buch schreibt, beantwortet. Dann habe ich begonnen Kostenvoranschläge für meine Zeugnisübersetzungen etc. einzuholen. Außerdem konnte ich die Einträge des Blogs in eine andere druckbare Version übertragen und layouten. Meine Recherchetätigkeiten bezogen sich diese Woche vor allem darauf, wo ich Englischkurse machen kann und welche Weiterbilungsmöglichkeiten sich auf dem Markt der Psychologie tummeln. Ich weiß mittlerweile, dass ein Aufbaustudium an der Uni nicht bezahlbar ist. 11.000 australische Dollar pro Jahr habe ich nicht übrig.

Dienstag habe ich mit S. den Tag verbracht, am Strand sitzen und Kaffee trinken, ein wenig die Sonne genießen und viel reden. Das hat gut getan. S. ist ein Tag nach mir nach Perth zurückgekommen. Freitagabend gehe ich mit B. aus. So ist diese Woche zumindest in meiner Gedankenstruktur gut ausgefüllt gewesen.


Tuesday, November 14

Paket




Nach ca. 4 Wochen "Reise" kam unser erstes Paket an, das ich bereits in Berlin im Oktober abgeschickt habe.

Die Quarantäne hat sich den Inhalt genauestens angesehen und alles drinnen gelassen.

Oben drauf lag ein Hinweis, dass das Paket geöffnet wurde. Das wird wohl mit jedem Paket, dass nach Australien kommt, gemacht. Danach wird es mit einer Folien überzogen und weiter geleitet.



Sunday, November 12

An, im und auf dem Meer



































Nachdem Thomas immer davon erzähle, dass er das Surfen auf dem Swan River geübt hat, war heute nun die Generalprobe auf dem Meer. Gemeinsam mit anderen Leuten waren wir in Rockingham, damit Thomas nun endlich sein Gelerntes zeigen konnte. Bereits die Zusammenstellung diverser notwendiger Teile des Windsurfers schreckte mich davon ab, jemals selbst surfen zu lernen. Ich müsste wohl mit dem Auto direkt ans Meer fahren können, denn die Gerätschaften sind definitv zu schwer. Der Wind tut beim Tragen ans Wasser sein Übriges und man muss aufpassen, dass man nicht schon an Land zu segeln beginnt. Wenn ich dann alles am Wasser hätte, wäre da noch mein Problem mit dem Ins-Meer-gehen.

Nach unserem sportlichen Start heute Morgen und einem umfangreichen Frühstück waren wir zunächst am Strand, um ein wenig zu gucken und zu baden. Um 10.00 war der Strand schon so voll, dass ich am liebsten wieder umgekehrt wäre. Dennoch fanden wir ein Plätzchen und Thomas ist sodann auch gleich in die Fluten gehuscht. Meine neidischen Blicke auf seinen kühlen Erguss wurden später befriedigt, als ich selbst (beinahe mit Thomas an der Hand oder besser umgekehrt) mal rein gegangen bin.















Mit diesem Erholungswert darf man also rechnen, wenn man in Australien so nah am Meer lebt. Es ist wirklich verführerisch hier und unglaublich schön. Was immer mit dabei sein muss, sind Badetücher und eine Sonnenmilch mit hohem Lichtschutzfaktor.

Der Tag endet heute um halb acht abends. Anschließend noch mit den Freunden und der Familie telefoniert. Und fertig ist ein Sommertag in Perth.

6:00 - Es ist Sonntagmorgen



Während ich hier sitze und meine Gedanken zu den vergangenen Tagen bündele sitzt Thomas bereits seit einer halben Stunde auf dem Fahrrad und dreht seine 60km Runde. Ja Ihr lest richtig, andere liegen um diese Zeit noch im Bett und kuscheln sich ein, wollen den Tag mit einem langsamen Aufwachen beginnen. Ich habe darüber geschrieben, dass der Tag hier wesentlich früher beginnt, so auch eben der Sonntag. Mich hält nichts mehr im Bett; die Sonne macht sich mit ihrer Helligkeit gnadenlos breit und holt auch den letzten Morgenmuffel recht früh aus seinen Federn.

Als ich aufgestanden bin, sind wahrscheinlich einige von Euch noch nicht mal zu Bett gegangen, genießen noch das Nachtleben oder das Fernsehprogramm, trinken Wein und wärmen sich an der Heizung. Dennoch kann ich zum Quatschen Niemanden im Skype-Universum finden, so dass ich mich nun alleine beschäftigen muss.

Heute hat der Tag begonnen, der meine erste Woche in Perth voll macht. In ca. 12 Stunden bin ich vor einer Woche hier gelandet und wurde herzlich empfangen. Die letzten Tage hat es teilweise hier geregnet und es hatte den Anschein, als würde das Wetter nun das neue Leben symbolisieren. Natürlich ist diese Wetterunbeständigkeit häufig mit meiner Ankunft in Beziehung gesetzt worden, wenn auch nur scherzhaft.

Ich komme mir vor wie auf einem Meer, das sich vor Wellengang nicht retten kann und selten für ruhiges Fahrwasser sorgt. Es geht hoch und runter. Seit Montag habe ich ein flaues Gefühl im Magen, das sich über das Symptom „mir ist schlecht“ bemerkbar macht. Ich bin außer der Umschreibung meiner Situation immer noch nicht in der Lage, mein emotionales Befinden treffsicher zu beschreiben. Ich habe den Eindruck, dass ich alles runterschlucke an Erlebtem. Deshalb ist mir wohl auch ab und an wirklich schlecht, irgendwann will das viele „Essen“ auch mal wieder raus, wenn es nicht in überschaubaren Häppchen konsumiert wurde.

In dieser ersten Woche habe ich so viele Menschen kennen gelernt wie lange nicht mehr. Nicht mal im beruflichen Kontext musste ich mich in letzter Zeit auf so viele neue Individuen einstellen. Das ist wohl der Situation hier geschuldet; die Sozialkontakte, die Thomas sich mühsam erarbeitet hat sollen ja nicht mit meiner Ankunft und meinem Dasein hier verschwinden. Sie sind wichtig, um sozial integriert zu sein. Schwierig für mich dabei ist, dass ich nicht wirklich eine Wahl habe, an Treffen teilzunehmen oder gar nicht hinzugehen und Thomas zu begleiten. Was wäre das für ein Anfang. Ich hoffe, dass ich mit der Zeit zu meinem gewohnten Umgang mit der Einteilung meiner freien Zeit finden werde.

Ich bin sehr herzlich in den Kreis der Eingeweihten aufgenommen worden. Zum Teil haben die Frauen von Arbeitskollegen von Thomas angeboten, sich mit mir die Zeit zu vertreiben. Das beeindruckt mich; zeigt es doch, dass sie sich ein Stück hineinversetzen in meine Situation. Aufgrund der vielen Unternehmungen hatte ich kaum Zeit mal in mein Inneres zu horchen. Ich bin noch nicht hinterher gekommen, so schnell folgen hier die Ereignisse aufeinander. Irgendwann werde ich diese Starterfahrung als gut bewerten, da ich reichlich abgelenkt wurde. Das heisst auch, dass die Phase der Verarbeitung noch folgt. Ich bin unruhig gespannt darauf, komme mir vor wie in einem Dämmerzustand, der nicht garantieren kann wie man sich in der nächsten Sekunde verhält.

Definitiv fehlt mir eine vertraute Person, der ich mich anvertrauen kann, mit der ich ablästern kann, die mich versteht, die mir keine Ratschläge gibt, mein Empfinden bzw. meine Äußerungen wertet oder gar versucht mich aufmuntern.

Und nachdem ich nun die aktuellen Beiträge veröffentlichte habe, schwinge auch ichmich aufs Rad und begebe mich auf eine sportliche Morgenreise zum Meer und zurück.

Samstagabend in Freemantle

Diese Woche sind wir nun das vierte Mal zu Abend ausgegangen. Freemantle, das habe ich an anderer Stelle beschrieben, gehört zu den angesagten Kneipen- und Künstlerviertel in Perth. Es war eine Menge Leben auf den Straßen. Die guten Kneipen sind brechend voll, die leeren Kneipen warten wahrscheinlich nach Mitternacht noch auf Gäste. Das kenne ich von Berlin und warum sollte das hier anders sein.

Im Pub trifft man um 6:00 abends schon eine Menge Menschen, die zwischen 18 und 50 Jahre alt sind. Hier wird gegessen und getrunken. Der Geräuschpegel lässt einen selbst wenig Spielraum einer angemessenen Kommunikation zu folgen. Die Akustik war voll mit einem Stimmengewirr überlagert; dichotisches Hören aussichtslos (zumindest für mich). So saß ich denn zwischen 6 Leuten (incl. meiner Person) und versuchte angestrengt den Gesprächen zu folgen, bis ich es aufgegeben habe. Ich löffelte meine Tomatensuppe und war froh, wenigstens etwas zu tun zu haben. Dann wollte ich einfach nur fluchtartig den Laden verlasssen. Ich überlegte wie ich am besten wieder nach Hause könnte und sprach in Gedanken schon mit einem Taxifahrer. Mein zunehmendes Unwohlsein in dieser Runde wurde kaum beachtet. Die Männer unterhielten sich, wie soll es anders sein, über Autos und deren Zubehör. Die Frauen (eine davon Australierin; die andere perfekt englisch sprechende Schweizerin) quatschten angeregt miteinander. Also ging ich dazu über, nachdem ich das mit dem Taxi und dem Nachhausefahren verworfen hatte, die Leute um mich herum zu beobachten. Meine manchmal sich festbeißenden Blicke in die ein oder andere Richtung sorgte dann wiederum für Aufmerksamkeit in unserer Runde. Alle richteten ihre Blicke plötzlich in die Richtung, in die ich zuvor gesehen und warteten gespannt darauf, was ich denn dort gerade gesehen habe. Das nervte mich. Also versuchte ich wieder in die Hier und Jetzt Kommunikation einzutreten. Mit der Zeit, so nach 1,5 Stunden, gelang mir das zunehmend besser. Der Taxifahrer war ohne mich gefahren.

Shopping

Die Läden sind hier wie überall in der zivilisierten westlichen Welt voll mit Klamotten. Die Mode allerdings spricht hier meines Erachtens eine deutlich andere Sprache, die ich noch nicht verstehe. Ich war etwas überrascht (weiß gar nicht ob das der treffende Ausdruck ist) über das sich darbietende Angebot. Die Kleidervielfalt ließ meinen Atem deshalb stocken, weil sie so bieder wirkt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese Kleider getragen werden. Schon am nächsten Tag (Samstagabend) wurde ich eines besseren belehrt. Natürlich wurden sie gnadenlos getragen und zur Schau gestellt. In Berlin wäre ich 100% mit dieser "Geschmacklosigkeit" auf eigenartige Blicke gestoßen. Hier waren es wohl nur meine Wertungen hinsichtlich der Kleiderwahl; alle anderen störten sich nicht daran. Es gehört eben genau dieser Stil zum Ausgehen. An meine erste Shoppingtour erinnern mich derzeit ein harmloses Trägershirt sowie ein weißes Tuch und die vielen Bilder im Kopf. Wann ich wohl das erste Mal in ein Leopardenkleid schlüpfe lasse ich offen.








Bei unserem ersten Lebensmittelgroßeinkauf für die kommende Woche war ich hin und weg beeindruckt, welche Vielfalt es an Obst, Gemüse, Käse, Wurst und anderen Leckereien sich hier bietet. Die meiste Zeit während dieses Einkaufs musste ich an meinen Vater denken, der oft gefragt hat, ob es hier auch Kartoffeln gibt. Mein Fotoapparat in der Tasche ließ mich denn auch gleich einige Beweisfotos für die Heimat machen. Ja, hier gibt es auch was zu essen, auch Kartoffeln, auch Erdbeeren etc.

Weihnachtsstimmung








Auch hier wurde ich bereits gefragt, ob die Australier Weihnachten feiern und wie. Bisher konnte ich das nur mit meinen Erinnerungen an unseren Urlaub vor 4 Jahren in Australien beantworten. Ich habe noch gut die großen Kugeln im Kopf, die an den Bäumen hingen in Sydney oder an die Schaufensterdekorationen, die von links nach rechts diverse Weihnachtsgeschichten erzählten.

Hier in Perth dauert es noch genauso lange wie in Deutschland bis Weihnachten ist. Auch hier wird die Zeit davor genutzt, um die Phantasien hinsichtlich Dekorationen und Geschenken zu wecken und die Kauflust anzuregen. Die aufgebauten Weihnachtsinseln in den Kaufhäusern sind mal mehr, mal weniger auffallend positioniert. Im „Myers“ fiel die liebevolle, aber nicht kitschige Deko in den Blick. So wurde man eingeladen, eine Reise zum Nordpol zu begehen (natürlich symbolisch). Auch hier wird Weihnachten mit Schnee assoziiert, obwohl der definitiv zur Weihnachtszeit an anderen Orten der Welt zu finden ist. Nun denn, das ist wohl der Allgemeinbildung zu verdanken, dass die Australier zumindest dekotechnisch für Schneeassoziationen sorgen. Die mit Batterie betriebenen singenden und wackelnden Weihnachts- und Schneemänner säumen den Platz unterm grünen Tannenbaum. Viele bunte Baumkugeln und andere Figuren, die es bei uns zum Teil nicht gibt, sowie Lichterketten, Weihnachtskarten usw. runden das Gesamterscheinungsbild ab. Lebkuchen habe ich noch nicht entdeckt, doch bereits gehört, dass auch diese käuflich zu erwerben sind. Vor allem die kleinen Kinder erfreuen sich der animierten Figuren, die ihre Lieder vom Band trällern und können sich gar nicht davon loslösen. Der Weihnachtsmann trägt die gleichen Kleider wie bei uns. Wieder ein Stück Vertrautheit zurück gewonnen.

Wednesday, November 8

Wissenswertes

Sprinklerbedingungen: Aufgrund der Wasserknappheit und der sich daraus ergebenden Wasserbeschränkungen hat man als Hausbewohner (auch wenn man nur Mieter ist) darauf zu achten, dass nur zweimal die Woche die Sprinkleranlage zur Bewässerung des Gartens benutzt werden darf. Damit dies nicht vollkommen durcheinander läuft steht in der Zeitung (auch im Ticker bei den Nachrichten) wann wer bewässern darf. Die Einteilung erfolgt nach der jeweils letzten Ziffer der Hausnummer. Wir dürfen dienstags und samstags unseren wenigen Pflanzen Gutes tun. Wird man bei der Bewässerung mit der Sprinkleranlage außerhalb dieser Tage erwischt, darf man ca. 2000 Dollar Strafe zahlen. Mit der einfachen Gartenschlauchbrause ist es außerhalb dieser Tage zusätzlich möglich, kleinere Flächen zu gießen (z.B. Blumentöpfe).

Krankenversicherung: Es gibt eine staatliche Grundversicherung (Medicare), die alle Australier haben. Dies bedeutet, dass man nur vorgeschriebene Ärzte konsultieren kann (in jedem Fall muss man zuerst zum Hausarzt), in staatliche Krankenhäuser kommt (im Notfall) und lange Wartezeiten auf geplante OPs hat (… und der Zeh tut so weh und der Hacken macht Kantaken und das Knie macht mimie …). Da man ja trotz dieser „Wehwehchen“ gehen kann, sind mitunter 2 Jahre Wartezeit auf die Behebung der Schmerzen ohne Zweifel zu ertragen, oder? Was sind wir Deutschen doch verwöhnt!

In jedem Fall geht nichts ohne den Hausarzt. Wenn der sagt, dass das Auge ohne Facharzt behandelt werden kann, dann ist das so. Punkt.

Wenn man mehr als eine Grundversicherung haben will muss man sich zusätzlich privat versichern. Dafür gibt es, wie soll es anders sein, unterschiedliche Versicherungsanbieter. Vorteil: weniger Wartezeiten, mehr Service, Krankenhauswahl (auch private), Arztwahl etc. Für die Medicare werden 1,5 % vom Gehalt monatlich abgezogen. In der Regel wird dies einmal im Jahr gemacht und in der Summe bei der Steuererklärung abgezogen (oder man zahlt es eben monatlich). Wenn man keine Zusatzversicherung hat, kommen da noch 1% monatlich zusätzlich dazu (allerdings nur, wenn man unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt). Hat man eine private Versicherung kann man beispielsweise unterschiedliche Pakete buchen und zahlen. Je nachdem welche Wünsche erfüllt werden sollen, schwankt das von 90 Dollar bis … Dollar. Auslandskrankenversicherungen sind grundsätzlich nicht in den Paketen enthalten. Allerdings, wenn man nicht zusätzlich versichert ist und im Ausland einen Unfall hat, wird im Fall eines Unfalls ein bestimmtes Limit gezahlt. Ansonsten, wenn man sicher gehen will, schließt man bei den Versicherungen eine Reisekrankenversicherung ab.

Bildungssystem: Nach der 10. Klasse hat man die Schule abgeschlossen und kann dann entscheiden, ob man noch weitere zwei Jahre auf der Highschool verbringt. Ich weiß noch nicht ganz genau, ob Folgendes stimmt (habe dazu unterschiedliche Infos): Angeblich können die Schüler ausschließlich die Fächer in den zwei Jahren belegen, die für den Zugang zur Uni und den entsprechenden Studiengang erforderlich sind. Das sind mitunter 5 Fächer. Praktisch bedeutet dies, dass man ausschließlich in dieser Richtung studieren kann und nichts anderes. Wenn ich also kein Mathe studieren will, brauche ich keine Mathematik in den zwei Jahren belegen! Man hat sich früh zu entscheiden, was man werden will. Andere sagen, dass die zwei Jahre alle Kids global ausbilden und die Bedingungen für den Unizugang erfüllt sind. Allerdings in jedem Fall muss man ein bestimmtes Rating oder Punktzahl erreichen. Im jeweiligen Territorium (z.B. Western Australia) werden immer zu gleicher Zeit, am gleichen Tag, im gleichen Fach mit gleichen Fragen die Examen am Ende der 2 Jahre geschrieben. Damit ergibt sich ein Vergleichswert. Darüber entscheidet sich, wer wohin darf. Das hat nichts mit dem NC in Germany zu tun. Scheint aber ein Äquivalent zu sein.

Culture meets Culture: Die Nationenvielfalt in Australia ist im friedlichen Sinne ein Vorbild für andere Staaten dieser Erde. Australien ist schließlich ein Einwanderungsland. Interessant ist hingegen, dass gerade die Urbewohner dieses 5. Kontinents, die Aboriginies, zur Randgruppe gehören. Das stellt sie zunächst gleich mit den vielen anderen Menschen unterschiedlicher Herkunft. Aber: Die Diskriminierung (als Form von Rassismus) besteht zum allergrößten Teil gegenüber den Menschen, die diesen Kontinent schon vor 200 Jahren bewohnt haben. Warum ist das so? Alle anderen sind in allen Schichten dieser australischen Gesellschaft vertreten (Asiaten, Iraner, Pakistaner, Panasier, Chinesen, Deutsche, Italiener, Schweizer etc.). Nur die Aboriginies nicht. Diese Problematik ist nicht neu, aber wert beforscht zu werden. Ich werde mein Bestes tun.

Die Aussies sind Weltmeister im Abkürzen. Da hat man es als Außenstehender schwer, zu verstehen. Barby=Barbecue, Bicci=Biskuit, tabwater=Tablewater (Rechtschreibung unter Vorbehalt). Die, wie bereits beschrieben, Bildung ist genauso reduziert. Man tut nur das, was nötig ist. Eine absolut minimalistische Haltung. Ehrgeiz ist wohl ein selten gebrauchtes Wort.

In der Curtin University gibt es für jede Religion Räume zum Beten. Einmal im Monat kommt ein Vertreter und wenn es ein buddhistischer Mönch ist, zu dem man bei Bedarf gehen kann. Wenn dieser z.B. Freitagmittag kommt, werden die Vorlesungen auch schon mal verlegt, damit diejenigen Studenten, die dort hin wollen, auch dort hingehen können.

An der Uni: gibt es auch viele Psychologen und Ärzte. Hier können die Studenten Beratung einholen. Und nicht nur Beratung zum Studium bzw. zum Umgang damit (Stress, Prüfungsangst), sondern auch Eheberatungen oder Ähnliches kostenfrei nutzen. Die Einstellung, dass sich alles um den Studenten herum auf sein Studium nachhaltig auswirken kann, ist Basis und Konzept für dieses Angebot. Darüber hinaus werden in den Semestern Kurse zur Bewältigung der Prüfungsangst gegeben. Wer nicht zum Psychologen gehen will kann eben auch den Priester, Pfarrer, Mönch,… für Beratungen aufsuchen.

Ein australischer Student zahlt an dieser (staatlich) Uni ungefähr 2000 Dollar pro Semester. Alle international Students zahlen wesentlich mehr (ca. 8000 Dollar). 1/3 des Uni-Business hat über die international Students eine attraktive Einnahmequelle. Nicht nur die Unis profitieren davon, sondern auch die Region. Studenten müssen hier wohnen, leben und Party machen. Das ausgegebene Geld bleibt im Land und die Studenten verlassen es, wenn sie mit dem Studium fertig sind. In Perth gibt es bei einer Einwohnerzahl von ca. 1,5 Millionen 5 Universitäten (nur eine davon ist privat). Als ich das zuerst gehört habe, dachte ich, dass das wohl ein bißchen übertrieben ist. Mit dem zusätzlichen Wissen um das Geschäft mit den internationalen Studenten wiederum absolut nachvollziehbar.

Tierische Besucherin

Oder muss ich Besucher sagen? Ich bin mir nicht sicher, denn ich kann das Geschlecht nicht erkennen.

Während ich hier so sitze kommt ein großes Tier auf die Terrasse. Mein Herz fängt an zu rasen. Was könnte das sein? Meine Wahrnehmung spielt verrückt. Ist das wirklich eine Katze? Unglaublich ... mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht mit einer Katze !!! Ob sie wohl auch australisch miaut?

Heute war ich mal wieder unterwegs und bin bei herrlichstem Sonnenschein an der Küste entlang zum Hillarys Boathabour gefahren (Achtung! Ich bin wieder mit dem Auto unterwegs!). Dort habe ich 5,5 Stunden mit E. verplaudert und eine Menge interessante Infos erfahren, die demnächst reflektiert veröffentlicht werden.

Ich bin beschäftigt und nicht erreichbar. Der Anrufbeantworter war voll, die Wäsche wartet immer noch darauf abgenommen zu werden. Ich komme mit der "Hausarbeit" gar nicht hinterher.

Wie es mir geht? Sonnenbrand nach 3 Minuten stehen, schmerzender Rücken nach 40 Minuten laufen (gestern), müde (weil spät und mit viel Wein im Blut ins Bett), aufgeregt (weil heute Abend wieder verabredet), froh (mit Family telefoniert-alles geht es den Umständen entsprechend) und sonst: unbeschreibbar.

Tuesday, November 7

Das Gesellschaftsereignis

Vielleicht hat es der eine oder andere in den Nachrichten gesehen, was die Aussies machen, wenn hier ein Staatsfeiertag begangen wird. Leider war dieser heutige Tag nur in Victoria frei, weil in Melbourne der sogenannte Melbourne Cup stattfand.

Bei unserem Kaffe um die Mittagszeit heute am Strand war der Laden voll mit großen Hüten und Frauen darunter.
Nicht mal 2 Minuten dauerte dieses jährlich stattfindende spektakuläre und teuerste Pferderennen in Australien. Die Damen sprangen auf, standen vor dem Monitor, rissen die Arme hoch und jubelten. Kurz danach konnte man nur noch ihrer Äußerlichkeiten wegen erahnen, was sie an diesem Tag hierher getrieben hat.

Bei Thomas gab es Kartoffelsalat und Krabben. Natürlich wurde dort für kurze Zeit (wie geschrieben: nicht mal 2 Minuten) das Rennen gesehen und dann durften alle weiter arbeiten.


100.000 Zuschauer an der Rennbahn und alle restlichen Australier erlebten das Rennen life vor Ort oder am Bildschirm. Die können feiern und wenn das ganze nur 2 Minuten dauert.

Tag 2

Die unvertraute Geräuschkulisse (diverse Tiere und deren Laute) und der Wecker rufen mich in den zweiten Tag. Ein schönes Frühstück noch und dann bin ich das erste Mal alleine hier im Haus. Zu tun gibt es Vieles; ich darf aber auch noch Urlaub machen und gar nichts tun. Thomas rief mehrmals an und machte sich Sorgen. B. rief auch an und sagte, dass sie einen Gutschein weiterleiten muss/will. Da funkte es mir; hatte ich doch von meinem Kollegen einen Gutschein für down under geschenkt bekommen. Ich dachte, dass dieser Gutschein ausschließlich von einer Symbolik getragen wurde. War also nicht so. Nun hat mich der dazu gehörige Hintergrund erreicht. Sollte Jemand aus meiner ehemaligen Firma dies lesen: Ich habe mich gefreut, war überrascht und beeindruckt. Fax folgt.

Nach einem gemeinsamen Kaffee mit Blick aufs Meer haben wir uns noch ein wenig die Zeit mit einem Spaziergang am Strand vertrieben. Ich merkte gar nicht, wie gnadenlos sich die Sonne in meine Haut brannte. Nun haben ich also schon den ersten Sonnenbrand, war am Abend am Meer laufen, habe gekocht (ja ich werde Hausfrau und bekenne mich!) und sitze hier am PC und beende in diesen Minuten meinen Beitrag.

Ach ja, nachdem ich letzte Nacht nun zum ersten Mal eine Kakerlake im wirklichen Leben und ohne Zaun gesehen habe, sind die diversen Giftfallen gut aufgestellt. Ich lebe noch.

Der erste Tag im neuen Leben

Beginnt mit einer Überraschung. Thomas macht frei und tut alles was ich will. Du meine Güte, was man dafür tun muss, um das zu bekommen (Scherz). Wir waren in der Hitze unterwegs; ich habe erlebt wie es ist plötzlich mit 32 Grad konfrontiert zu werden und aus dem kalten Deutschland zu kommen. Der Wind, zum Glück, ist wirklich ein himmlisches Kind. So sorgt er hier doch dafür, dass die Wärme erträglich ist.

Auf unserer kleinen Terrasse kommt ein Käfer mit einem Huntsman im Maul so gar nicht klar und rennt wie verrückt die Wände hoch und runter. Der kleine Gekko von gestern hat sich aus dem Staub gemacht; die Schnecken langweilen sich an den Wänden, die Fliegen surren umher, die Kakerlake kommt noch.

Am Nachmittag schlug der Jetlag zu und forderte seinen Schlaf. Abends haben wir bei wunderbarem Blick auf die Skyline von Perth in einem sehr guten Restaurant gegessen. Thomas fragte den ganzen Tag „Wo bist Du?“. Ich antwortete: „In Australien“. In Gedanken bin ich bei meinen Lieben.

Die Nacht war unruhig; ich war hellwach und konnte mich nicht ablenken. Meine Traurigkeit holt sich ihren Raum und ließ mich schlaflos bleiben.

Hallo

Abends am Tag meiner Ankunft dann mit allen zuhause Kontakt aufgenommen. Sister, die mich zum Hamburger Flughafen gebracht hatte, sendete per Mail die Abschiedsfotos. Als ich diese öffnete war auf einmal alles wieder präsent und ich war zutiefst erschrocken. Ich habe diesen Schmerz gesehen und die tiefe Traurigkeit. Was habe ich getan?

Ja in der Tat, darüber habe ich nachgedacht. Darf ich absichtlich anderen lieben Menschen so etwas antun? Muss man ich danach fragen?

Als Tochter darf i chso etwas nicht; als Schwester ja und als erwachsene Frau auch. Warum vermischen sich diese Rollen immer wieder unm warun lässt die Macht des Über-Ichs nicht locker? Weil ich es zulasse. Ich sage „nein“ zu einer Erwartung, die ich nicht mehr erfüllen konnte und bleibe dennoch Tochter und Schwester.


Alle meine Gedanken sind stets bei Euch!!!

Angekommen

3 Minuten früher; es ist in Perth 5:17 pm (in Deutschland: 10:17) lande ich auf dem 5. Kontinent. Es ist noch hell. Ich bin überhaupt nicht aufgeregt; denke tatsächlich nur den jeweiligen Schritt. Warte auf mein Gepäck; nasche die letzten Gummibärchen bevor ich sie der Quarantäne opfern muss und …

Nach dem endlosen Anstehen bei Kontrolle und Quarantäne tut sich die Tür auf. Suchend blicke ich mich nach Thomas um, der relativ schnell braun gebrannt vor mir stand. Nach 3,5 Monaten liegen wir uns in den Armen und steuern hinaus in den lauen warmen Abend. 28 Grad erwarten mich ebenso wie ein wunderschöner Sonnenuntergang am Meer mit anschließendem Milchkaffee am Strand. Bin ich im Urlaub?

Saturday, November 4

Abgeflogen















Ich träume im Traum. Das was mir gerade passiert, hat nichts mit mir zu tun. Ich sehe von außen zu. Warum ist diese Regina da unterwegs? Warum sitzt sie im Flieger und hat Kopfschmerzen? Wo will sie hin? Das einzige, was sie weiß ist wo sie herkommt.
Und dann komme ich wieder ins Spiel und fasse die Realität an. Ich spüre auf einmal so viel Vertrautheit und sehr viel Abschiedsschmerz. Ich bin schon so lange unterwegs und weiß nicht wann ich ankomme. Ich fühle mich orientierungslos, mein Gleichgewicht ist weg. Hier bin ich wieder ich. Und dann bin ich wieder nicht mehr ich. Ich sehe weiter zu, wie die andere Regina dahin schwebt fernab jeglicher Realität.

Es hat sich eingebrannt, nein besser, sie haben sich eingebrannt. Die Bilder des Abschieds von meinen Liebsten in Güstrow. Ich hatte es lange geahnt, dass es so schmerzvoll wird und es dennoch unterschätzt. Während ich versucht habe, das "Auf Wiedersehen" in Etappen zu organisieren, konnte ich auf einmal ganz ruhig die letzte Nacht bei meinen Eltern verbringen und gut schlafen. Keine Unruhe, keine Sorge, kein Schmerz, keine Tränen.

Und dann war der Samstagmorgen mit aller Macht gekommen. Die Worte konnten nur undeutlich formuliert werden, denn die Tränen haben den Sinn verschluckt. Ich habe mich zusammen gerissen bis ich nicht mehr ich selber war. Es tat und tut mir so unendlich leid, meinen Eltern und meiner Sister dies anzutun. Und da ist es wieder: das schlechte Gewissen. Ich weiß was dieser Abschied für meine Familie bedeutet und weiß deshalb, dass es ihnen vorkommen muss, als ob ein Teil des Herzens messerscharf und bei lebendigem Leibe raus geschnitten wird. Es wird nicht mehr heilen können. Ihre vielen Tränen, zitternden Lippen und roten Augen haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Und alles was mir in diesem Moment blieb war meine Stärke, sie zu trösten und ihnen zu sagen, dass ich im März wieder da bin (wenn auch nur ein paar Wochen). Doch Trost half nicht, den Schmerz zu verbannen, also schwieg ich ab einem gewissen Zeitpunkt und drückte meine eigenen Gefühle weit nach hinten. Ob mir diese Maske stand? Ich denke nicht. Es konnte mir nicht gelingen, meine Traurigkeit meinen Liebsten zu zeigen, aus Sorge, dass sie dann noch mehr weinen werden.

Nun sitze ich im Flieger nach Perth. Habe bereits in Dubai meine Runde gedreht und versuche ab und an im Flieger zu schlafen. Mir wird bewusst, dass ich mich mechanisch bewege und meine Empfindungen unfassbar für mich sind. Ich kann, selbst wenn ich mich anstrenge, nicht benennen, was in meinem Inneren passiert.

Friday, November 3

Fragen und Antworten

Gerne bin ich bereit Eure weiteren Fragen zu beantworten. Dazu müsst Ihr nur schreiben an reginagerlach@gmail.com.

Ich bin jetzt erstmal weg und melde mich aus Perth wieder.

Last Days in good old Germany

Sind lange gebucht für die Familie. Ich okkupiere hier nun (in Güstrow) das Arbeitszimmer meines Vaters, packe täglich den Koffer ein und aus, stelle ihn auf die Waage und schwitze, wenn die Anzeige jenseits von den 20 kg ist.

Zwischendurch werde ich noch mit allen Leckereien versorgt, die es in Australien nicht mehr gibt. Ist ja klar, denn da gibt es kaum was zu kaufen und schon gar nicht das, was ich hier so liebe. Im Ernst stimmt das natürlich nicht.

Ich genieße dennoch die kulinarischen Aufgebote, werde noch schnell kugelrund und meide bei dem kalten Wetter den Waldlauf. Nicht ganz, schließlich bin ich schon als Laufmasche durch den Wald gejoggt und habe mich gefreut, zu leuchten in diesem tristen Wetter.

Das Damoklesschwert hängt über uns, der Kloß im Hals wird täglich größer. Hoffnungen, dass ich am Samstag sage „.. ach ich bleibe doch hier, war alles nur ein Scherz.“ gibt es immer noch. Jeder geht eben anders damit um. Ich auch. Ich denke in Minuten oder Stunden und nicht an den Tag, an dem ich abfliege. Dadurch wird es leichter für mich. Ich erlaube mir, den Moment zu genießen und noch alles mitzunehmen, was ich haben will.

Momente wie diese: noch einmal mit Sister einen Spaziergang durch meinen Heimatort unternehmen, noch einmal mit meiner Mutter nach Rostock bummeln fahren und Rosenstolz hören, F. noch einmal schminken und die Haare flott machen, mit Sister und Mann durch den schönen Wald joggen, ein letztes Mal mit engen Freunden telefonieren und so weiter.

... los

Arbeitslos … Schlüssellos … Wohnungslos … Obdachlos … Schwerelos.

Keine Angst dies soll kein Schüttelreim werden. Dies ist die Kurzfassung für meinen Zustand, der sich in der Summe dieser genannten Beschreibungen seit Montagabend zu mir gehört.

Mein Magen schmerzt. Wenn ich daran denke, was mich ab Sonntagabend erwartet bin ich auch noch orientierungslos. Stimmt das wirklich, dass ich dann auf dem Kopf stehe und aufpassen muss, nicht von der unteren Hälfte der Erdkugel runter zu fliegen? Bin ich das, die da am Samstag im Flieger sitzen wird und mal eben alles hinter sich lässt? Oder wer fliegt da eigentlich nach Perth. Ich erkenne meinen Hang zum Sprung ins kalte Wasser wieder. Obwohl ich eigentlich nicht mal weiß, ob das Wasser wirklich kalt ist. Alles was ich weiß ist, dass ich erwartet werde. Und das macht es leichter.

10 Jahre und ...

Tschüss sagen. Lange bekannt, kurz geplant, nett geplaudert und noch schnell den Müll entsorgt. So hatte ich es bestellt und auch bekommen. Eine schöne Abschiedsrede, nette Gespräche, gutes Essen und kein Alkohol. Im Eiltempo mal eben von der Firma und den Kollegen verabschiedet. Alles beim Schnelldurchlauf Verlorene liegt gut zusammen gelegt in einer meiner Kopfschubladen und wartet darauf benutzt zu werden. An dieser Stelle und zu dieser Zeit ist es nicht die richtige Kleidung die ich jetzt brauche.

Fortsetzung folgt …

Das Paket

Habe ich schon gepackt, weil doch nicht alles in den Koffer passt. Eines habe ich bereist vor zwei Wochen abgeschickt. Ein Zweites wird morgen aufgegeben. Per Seeweg kostet ein 10kg Paket genau 52€. Sollte dies per Luftfracht verschickt werden ist das mal eben der doppelte Preis. Auf dem Seeweg muss man mit 11-15 Tagen rechnen. Ich kann warten.

Der auszufüllende Paketschein schreckt zunächst ab. Was da alles rauf muss? Inhalt, Zollwert etc. Zum Glück kann man auch schreiben „… for own use“ und „no commercial value“. Ich bin gespannt wie alles ankommt. Grundsätzlich werden alle eingehenden Pakete in Australien aufgemacht. Schmuggeln von Dingen, die nicht erlaubt sind, geht also nicht. Die Liste der Lebewesen, Waren und Gegenstände, die nicht eingeführt werden dürfen ist 4 Seiten lang. Am Ende weiß man gar nicht mehr, was am Anfang stand und beginnt wieder von vorne und macht sich eine eigene Stichwortliste. Schließlich gibt man es auf, überhaupt ein Paket zu packen. Mama, Papa können keine Schokolade, keine Lebkuchen, keinen Kaffee, keine Tiere, keine Pflanzen, kein Fieberthermometer, keine was weiß ich noch alles schicken. Da ist es ja echt eine Herausforderung etwas zu finden, was dann ins Paket darf.

Junge Akademiker

Ich wusste gar nicht, dass ich noch zu dieser Zielgruppe gehöre, denn mittlerweile bin ich 37. Dennoch durfte ich Rede und Antwort stehen zum Thema „Auswandern“. Die Beratungsstelle für Auswanderung Berlin (Raphaels Werk) fragte an, ob ich für ein Interview zur Verfügung stehe. Ja unter meinen Bedingungen kein Thema. Ich war vor allem gespannt darauf, was da für Fragen gestellt werden; auf mehr nicht.

Ups.

Und dann kommt der nette Fotograf mit und bringt das Konzept gehörig durcheinander. Hätte ich das gewusst wäre ich doch vorher zum Friseur gegangen, hätte noch schnell ein paar Umzugskisten organisiert und das Arbeitszimmer von Eisis ausgeräumt …

Wie ein Artikel mit Foto entsteht weiß ich nun. Vor und während des Interviews wurde ich immer wieder wegen diesem einen Foto abgelenkt. Ich glaube, die Journalistin auch. Wir waren dennoch nicht aus der Ruhe zu bringen und haben bei einigen Verrenkungen meinerseits (für das Foto natürlich) uns bemüht, den Faden immer wieder aufzunehmen. Zwei Stunden Schwerstarbeit. Gott sei dank musste ich nicht meine Kleidung wechseln.

Die Drahtbürste

September und Oktober durfte ich bei Eisis wohnen. Das wisst Ihr ja mittlerweile alle. Was Ihr nicht wisst ist, dass wir so viel gelacht, philosophiert, nachgedacht, diskutiert, geplant, getrunken und am Rande über die Herstellung der Drahtbürste gesprochen haben. Außerdem haben wir uns mit neuen externen Festplatten versorgt, den Trockner in die Gänge gebracht, unsere Süppchen gekocht, uns abgesprochen wer wann morgens aufsteht, wer wann zum Frühstück kommt, Donnerstag etwas später gefrühstückt und das Skypetelefon mit allen erforderlichen Medien in Schwung gebracht. Somit steht der sprachlichen Kommunikation nun auch nichts mehr im Wege.

Ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl unwillkommen zu sein. Es ist nicht zu unterschätzen, plötzlich (auch wenn man sich gut kennt) zu viert über zwei Monate zusammen zu leben. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich die Gastgeber darauf einstellen und zurück nehmen. Während meiner Zeit bei Eisis habe ich nicht nur das Arbeitszimmer blockiert, sondern auch den PC und das Internet. Wenn meine „Gasteltern“ nach Hause kamen, saß ich manchmal schon am Rechner. Wenn meine „Gasteltern“ ins Bett gingen saß ich schon wieder am Rechner. Zwischen den Mahlzeiten und Gesprächen auch. Ich weiß nicht was ich getan hätte, wenn es umgekehrt gewesen wäre und mein PC sowie Schreibtisch dauer belagert gewesen wäre.

Eisis: Ich danke Euch!!!