Wednesday, July 12

Wie es uns geht

Thomas steht auf dem Balkon, telefoniert (mit einem Lächeln im Gesicht) mit seinen Kollegen und steht mit Rat zur Seite. Tat geht ja nicht mehr, denn dafür sind wir zu weit weg.

Es ist wieder mal Feierabend. Der Arbeitstag ist vorbei, draußen ist es dunkel und das Abendbrot liegt auch schon hinter uns. Fußball im Fernsehen gibt es nicht mehr, die Berichte über Berlin gehören der Vergangenheit an. Die Tour de France hält unsere europäischen Gedanken und Erinnerungen nun über Wasser. Letztendlich verbinden wir damit nicht wirklich was, denn die Top-Favoriten sind ja gar nicht am Start. So haben auch mal andere eine wirkliche Chance (gedopt oder auch nicht).

Das Wochenende naht und hoffentlich finden wir die Zeit, um wirklich die Beine baumeln zu lassen. Es war bisher eine Menge zu organisieren und es scheint so, als ob das noch nicht zu Ende ist. Jetzt kommen die feinen Details. Wie hätten wir 's denn gern: Internet und Telefonanschluss oder nur Internet, schnell oder langsam, Kabel oder Wireless? Wo soll der Strom und wo das Gas herkommen? Ist der Wasseranschluss über den Vermieter organisiert? Wer holt eigentlich den Müll ab und was müssen wir dafür tun, außer die Tonne voll zu kriegen?
Zeit über unseren Schritt nach Perth und den Konsequenzen nachzudenken, haben wir noch nicht wirklich gefunden. Alles passiert im Eiltempo und schon sind wir wieder auf der Überholspur. Thommys Oma sagt: "Ja, ist eben auch nicht alles Gold, was glänzt". Recht hat sie! Doch das haben wir zu keiner Zeit erwartet. Sind ja schließlich nicht in Amerika.
Was haben wir tatsächlich erwartet? Gar nichts - außer unserem Lebensabenteuer. Erleben was mit uns selbst passiert, wie es ist, komplett neu anzufangen und alle Hürden, die wir in Deutschland locker überlaufen haben, noch einmal vor uns aufgebaut zu sehen. Die Sprache lernen, so dass wir in dieser träumen können. Ja - ein angenehmer Zugewinn.
Unser soziales Leben entwickelt sich langsam. Es ist nicht so, dass wir täglich von fremden Menschen angesprochen werden, ob wir mit ihnen etwas unternehmen, sie treffen oder mit ihnen nur quatschen wollen. Hier ist erstmal alles auch so wie wir es kennen. Jeder macht für sich. Bezeichnend sind die mit Wellblech (oder was auch immer das ist) eingerahmten Häuschen. Der Schutz vor dem Nachbarn. Ich muss gerade lachen, denn so weit haben wir es ja in Deutschland noch nicht mal geschafft. Dennoch es fühlt sich gut an, nicht unbehaglich. Ich habe bereits darüber geschrieben, dass wir uns nicht fremd fühlen. Sicher hängt das damit zusammen, dass die Lebensumstände und Bequemlichkeiten die gleichen sind wie wir sie kennen. Peter und Elli haben uns schon eine Menge unterstützt und halten den Kontakt. Es ist nicht zu nah, aber auch nicht zu fern. Unser erstes BBQ haben wir bei ihnen auch schon genießen dürfen. Wir stehen mittlerweile im regelmäßigen Abstand im Kontakt. In Berlin haben wir mit unseren "Nachbarn" (jeder der sie kennt, weiß wen ich meine) eine Menge Spaß und Unterstützung gehabt. Sie waren und sind immer noch für uns da. Als wir P. und E. kennen gelernt haben, dachten wir beide daran, dass sie der Ersatz für unsere "Nachbarn" sein werden. Das macht ein vertrautes und sicheres Gefühl. Wenn irgendwas ist, weiß ich, dass ich da anrufen kann. Ende des Monats kommt eine Kleinfamilie aus Berlin nach Perth. Betty und ich stehen mittlerweile im regen Emailkontakt. Des Weiteren auch bisher nur per Email bietet Sarah (lebt seit September hier) ihre Hilfe an und steht mit Rat und Tat zur Seite. Ich freue mich darauf, in einem halben Jahr dann auch alle mal treffen zu können.

Am Ende der ersten Arbeitswoche habe ich Thomas gefragt wie es ihm geht und ihn gebeten, auf einer Skala von 1-6 eine Wertung vorzunehmen (1= super, 6= schlecht). Wie ich es erwartet hatte, wählte er die goldene Mitte. Das ist übrigens häufig so, dass wir die Mitte solcher Bewertungen vorziehen. Also gibt es immer schon etwas, was funktioniert und etwas, was noch ausgebaut werden kann. Eine 3 zu schaffen bedarf schon einiger Anstrengung. Also Thommy, bitte einmal auf die Schulter klopfen. Nun streben wir auf das Ende der 2. Arbeitswoche hin und es bewegt sich stetig. Thomas kommt entspannt nach Hause und ist zufrieden mit sich.
Ich. Ja ich habe einiges hier organisieren können, was die Basics für unser zukünftiges Leben betrifft. Ich habe nicht an meinem Expose, Artikel oder meine bevorstehenden Trainings geschrieben bzw. daran gearbeitet. Ich habe mich ausschließlich bisher im Internet bewegt und nach möglichen zukünftigen Arbeitgebern umgesehen. Da tut sich eine Menge an Vorbereitungen auf. Zunächst das Assessment des Psychboards (Registrierung für Psychologen), dann die Bewerbungen und Referenzen. Gott bin ich froh, dass ich noch einiges tun muss, bevor ich ins kalte Wasser eintauche. Nein – nicht wirklich. Ich bin unsicher. Ein inneres Gefühl, das ich selten habe. Und jetzt wird es spannend, was ich damit mache. In Berlin nachts um drei Uhr durch leere Straßen zu gehen erweckt ein ähnliches Gefühl in mir. Entweder meide ich solche Situationen oder ich fange an zu laufen.
Fortsetzung folgt …

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