Saturday, May 26

Eskimo Joe und das Alltägliche

Ich weiß schon gar nicht mehr wie lange es her ist, als ich den letzten Eintrag geschrieben habe. Es kommt mir vor, als ob es eine Ewigkeit ist. Wenn ich nachdenke, weiß ich, dass das nicht stimmt.

Wir haben wieder viel erlebt, gesehen, erfahren, diskutiert, gesehen und gestaunt. Es fällt mir nicht leicht, das alles nun in gebündelter Weise darzustellen. Wo fange ich an?

Mit meiner Arbeit, denn schließlich ist es dann Topthema der letzten Wochen. Gestern habe ich nun endlich auch meinen Arbeitsvertrag bekommen und erwarte mein erstes Gehalt in der nächsten Woche. Mein neuer Chef hat mich gefragt, ob ich Sorge hatte, dass ich nicht bezahlt werde. Ich hatte häufig nach dem Vertrag gefragt und wahrscheinlich ist es unüblich, nachzufragen. Man wartet ab. Mittlerweile sollte ich begriffen haben, dass hier alles viel länger dauert als bei uns. Es fällt mir schwer, dies zu akzeptieren.

Täglich habe ich nun einen Patientendurchlauf von 4-5 Personen. Nach knappen zwei Wochen bin ich überwältigt von den Anliegen und erkenne meine eigenen Schwächen wieder. Häufig habe ich es mit jungen Menschen zu tun, die eine Depression haben. Ich merke, dass ich mich sehr konzentrieren muss, damit sie meine volle Aufmerksamkeit bekommen. Ab und an ertappe ich meine Gedanken auf Wanderschaft. Es ist einfach nicht mein Thema, zur sehr bin ich ein Optimist, auf Lösungen orientiert und kreativ genug, um Herausforderungen zu meistern. Hier habe ich den Eindruck, dass selbstständiges Denken doch eine Lücke ist und die Kreativität noch in den Kinderschuhen steckt. Grundsätzlich ist das, was ich bisher gehört habe, nicht repräsentativ genug, um Schlussfolgerungen, oder gar Gründe benennen zu können. Da die Gründe mich sehr interessieren, wird dann das Thema Depression wieder interessant für mich. Hallo, wir leben in einem Sonnenscheinscheinland, in dem wir mehrmals täglich hören „no worries“ (keine Sorge, alles kein Problem). Alle sind nett, keiner streitet, keiner diskutiert.

Erst kürzlich erzählte Thomas, dass sich ein Kollege von ihm beschwert hat. Thomas hatte ihn einfach gebeten, bei zukünftigen Ereignissen zu informieren. Das genügte schon für eine Beschwerde beim Chef über Thomas.

Manche Studenten wollen ihre schweren Gedanken beschreiben und scheitern am eigenen organisatorischen Geschick, Dinge zu planen. Oft habe ich Leute bei mir, die tatsächlich einen Rat wollen. Mein professioneller Hintergrund, eher wenig bis gar nicht direktiv in solchen Beratungen vorzugehen, sondern einen Schritt hinter den Klienten zu bleiben, funktioniert wenig. Sie wollen Lösungen. Na gut, hier ist eine: „Du machst einmal in der Woche eine Stunde den Computer aus und nutzt diese Zeit für andere Sachen. Oder: Immer wenn Du nach Hause kommst, dann beginnst du erst mit den Sachen, die Du nicht magst (1 Stunde). Danach machst Du das, was Dir Spaß macht.“ Unglaublich, schon wenn ich das schreibe sträubt sich in mir alles. Ich will nicht in die Tiefe gehen, sonst wird der Blog so lang, wie alle bisherigen Einträge insgesamt. Vielleicht versteht der ein oder andere Leser, was ich meine. Wenn man nicht selbst erkennt, was machbar und was nicht machbar ist, sondern immer auf Anweisungen von außen erwartet, wie denkt man dann selbst und benutzt die rechte Hirnhälfte? Gerne unterstütze ich, aber vorgeben liegt mir weniger. Sonst hätte ich nämlich schon das Super-Rezeptbuch geschrieben. So viel dazu. Ich meckere und meckere über dieses und jenes. Muss doch auch alles mal gesagt werden. Es ist nicht immer Sonne im Leben. Zum Glück.


Schönes erleben wir. Letzte Woche hatte Thommy Geburtstag. Zum Abendbrot haben wir uns Pizza bringen lassen. Nachmittags in der City gebummelt und Wein getrunken. Es war sein erster in Perth, sein erster im Herbst, sein erster ohne Familie und engste Freunde. Wie viel wir wohl noch erleben werden, was das erste Mal hier ist, und in Deutschland so selbstverständlich war?

Donnerstag waren wir zum ersten Konzert hier in Perth. Um 8.00 abends sollte es beginnen. Um 8.00 war aber auch erst Einlass. Nun ja – nicht wundern – wir sind in Australien. Da wundert man sich ja sonst auch über alles. Zurück zum Geschehen: Wir standen tatsächlich brav in der langen Schlange, bis die Türen um 8.00 aufgemacht wurden. Irgendwann waren wir dann auch mal drin, nachdem wir draußen vor dem unmittelbaren Einlass noch schnell die Verhaltenscodex und Dress-codex gelesen hatten (ich sag doch, man muss nicht denken).

Drin: Tolle Location! Erstmal ein Bier, sonst geht es nachher los und wir verdursten. Wir wussten gar nicht wie recht wir damit haben würden. Die Halle war angenehm gefühlt, wir hatten einen guten Blick, und ausreichend Platz. Irgendwann, so gegen 8.45 kam die Vorband der Vorband. Nun ja, mein Geschmack war es nicht. Dann kam eine Weile nichts. Ich sah auf die Uhr und bekam einen Schreck. Oh Gott, schon halb 10; dachte sogleich daran, dass ich am morgen um 5.45 aufstehen musste und meine Nacht immer kürzer wird. Egal.


Dann kam Little Birdy http://www.littlebirdy.net/littlebirdy.html – eine Frau. He? Ich denke, der Sänger von Eskimo Joe ist ein Mann? Es ist aber schon 10.00/22.00. Sie hat den ganzen Saal zusammen gerockt. Ein Vorhang der Kulisse gab den Blick auf die Wand dahinter preis, das Micro schubste sie um usw. Super Mucke – ich kannte mal alle Lieder. Wir hatten dann auch gecheckt, dass das nicht Eskimo Joe war. Als sie den letzten Ton gesungen hatte, wurde umgebaut. Alles musste runter von der Bühne. Und die Uhr zeigte schon 22.30. Mein Rücken schmerzte, meine Augen waren müde, mein Füße taten weh – kurzum ich wollte in mein Bett.

Um 23.00 kam dann endlich der „Superstar“ http://www.eskimojoe.net/ Es hatte wirklich den Anschein, dass der rote Teppich nicht gefunden werden konnte und er deshalb so spät kam. Letztendlich sind wir um 12.30 nachts raus. Es war ein klasse Konzert, wirklich. „New York“ ein aktueller Titel erinnert mich daran, dass für uns vieles in New York begann. Die ersten Mails und Telefonate haben wir dort gelesen und geführt. Und nun standen wir dort, in Perth.

Der Tinnitus, den wir anschließend hatten, wog uns in den Schlaf. 1.00 – Licht aus. Schönes Erlebnis. Vielleicht noch ein paar Worte zum Publikum: Es war wirklich alles dabei: ältere Leute, junge Leute, kurze Röcke, tiefe Ausschnitte, hohe Hacken, rollende Augen (kam vom Alkohol), dicke, dünne, große, kleine, kreischende Mädchen auf den Toiletten – alle hatten besonders Eines gemein: sie waren unheimlich geduldig. Was hätten wir in Deutschland gepfiffen, wenn der Star des Abends auf den Teppich wartet.

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