Saturday, June 9

Das Leben der Anderen

ist anders.


Endlich mal wieder im Kino gewesen und einen Hauch Heimat aufgesogen. Das Thema ist schwer, aber nicht fremd. Um so näher rückt das Ganze und damit an die Substanz. Mein Körper reagierte, mir wurde schlecht, meine Temperatur stieg. Ich dachte, dass ich aus diesem Film raus muss. Die Rationale hat mich durch halten lassen. Geschichte, als Teil unseres Lebens und nicht nur das der anderen, Berlin als unsere unmittelbare Vergangenheit, der Mauerfall, Gesellschaftswechsel, Macht und Ohnmacht, Hysterie und Depression. Kompakt in, ich weiß gar nicht wieviele, Minuten. Alles rauscht vorbei, macht unruig, erinnert und macht betroffen.

Es ist Freitag, für mich der schönste Tag in der Woche. Wir gönnen uns einen Abend allein außer
Haus. Schön, und doch, ich vermisse es mal eben mit Freunden das Bier oder den Wein danach zu trinken. Spontan verabreden. Bei tieferer Betrachtung wäre das auch in Berlin nicht mehr möglich gewesen. Viele sind weg gezogen, einige sind behäbig geworden, andere nicht erreichbar und viele Gründe mehr, warum es eigentlich dort auch nicht mehr so ist wie es mal war.

Eine Woche voll von ca. 26 neuen Lebensgeschichten, in der Regel traurigen, bremsenden, unkreativen, hilflosen entmachteten Ihrerselbst (Ihres selbst, oder was ist richtig?). Das Schreiben im Englischen fällt leichter und strengt an, in deutsch einen ordentlichen Satz zu formulieren. Ich muss aufpassen, dass ich nicht alles durcheinander würfle.

Die Arbeit schmeckt mal mehr mal weniger, wie bei allen Menschen, die nicht ohne können, sollen, wollen. Die Zutaten sind verschieden, feurig und scharf, flau und nüchtern, süß und klebrig. Ich bin zufrieden mit diesem Tag, der mir heute am Stück 6 Klienten bescherte mit ordentlichem Zündstoff. Heute waren Konflikte das Zentrum, in das ich eintauchen durfte. Mein Training zahlt sich aus. Das Verstehen der Hintergründe und Geschichten fällt zunehmend leichter, das Denken gerichtet auf Beratungsansätzen und Lösungen gelingt mehr und mehr parallel. Ich werde ruhiger. Nach einer guten Supervision sind meine Frustrationen mit den Depressiven abgeflacht. Ich nehme diese Herausforderungen an und das macht es leichter, Unbeweglichkeiten zu ertragen und einen anderen Schopf zu finden, den ich packen kann.

Thomas schläft, es ist hier schon weit nach Mitternacht. In den USA ist es gerade Mittagszeit, deshalb noch schnell mit einem Freund telefoniert. In der Heimat beginnt das Wochenende, wahrscheinlich mit 30 Grad und Sonne. Ich freue mich schon auf meinen zweiwöchigen Aufenthalt in der Heimat und bin froh, nebenbei auch arbeiten zu können. Der Kurs endet mit seinem dritten Teil im Juli. Der nächste ist schon im Entwurf des Programmheftes 2008. Alles bleibt beweglich und bietet ein Spektrum an Möglichkeiten und Chancen.

Ich bin dankbar, ohne Kniefall.


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