Saturday, October 27

Glaubst Du noch an Traueme?

Der Himmel haengt voller Wolken; sie tragen Wasser und sind gefuellt wie Traenensaecke. Die Fluessigkeit quirlt heraus und findet ihren abrupten Halt am Boden der Tatsachen. Hier unten wird gerade ein Abschied erlebt, der schmerzt wie ein tiefer Schnitt ins eigene Fleisch.

Ein letztes Mal summt das automatische Garagentor, es oeffnet sich, um unseren Besuch wieder zu befreien und nach Hause, nach Deutschland, zu lassen. Nur das Geraeusch allein veranlasst spaetestens jetzt auch bei mir Traenen.

Hier bin ich, Regina in Australien, wieder einmal mit dem Gefuehl, nichts aendern zu koennen und ohnmaechtig zu sein. Es ist etwas anders, ich kontrolliere ohne bewusst nachzudenken, versuche mich nicht emotional zu verschluchzen. Es faellt mir schwer.

Ein vorerst letztes Mal sitze ich neben meiner Mutter, halte ihre Hand und beobachte meine Schwester, wie sie Abschied nimmt. Thomas ist der routinierteste von uns allen. Er faehrt. Gnadenlos. Richtig Airport.

Wir sind angekommen am Ende unsere gemeinsamen Woche hier in Perth. Meine Mutter, die ueberraschend am Flughafen stand, und meine Schwester haben unser Haus gefuellt mit Leben und mein Herz mit Glueck. Wir haben gelacht, gemeinsam gegessen und gekocht, gekuschelt, wenn es draussen zu kalt war, gequasselt oder auch mal geschwiegen. Wir waren spazieren am Strand, haben Muscheln zum Beweis ihres Daseins gesammelt und ueber 600 Bilder geschossen, ebenfalls um alles festzuhalten. Wir haben Wein getrunken, auf der Terasse gesessen und sind vor Spinnen weg gelaufen. Sister hat einen Lizard quer durch unseren Garten gejagt und Mum wollte sich nicht mehr in den Liegestuhl liegen, weil eine etwas groessere Spinne schneller als sie war.

Wir sind einiges an Kilometern gefahren, wurden unterbrochen von einem Autounfall, den ich verursacht habe. Wir waren geschockt und haben das alles in so kurzer Zeit gemeinsam gemeistert. Vielleicht war der Unfall deshalb gut, um zu realisieren, dass das alles kein Traum ist. Wer weiss das schon.

Wir waren im Meer. Ich hoere meine Schwester vorher noch sagen „Nein, da gehe ich nicht hinein!“. Die Sonne, der Himmel und die Verlockung haben uns von Penguin Island zum Festland durch den Ocean waaten lassen. Auf den Bildern sind wir nur am Ende als kleine Punkte zu erkennen, verschwindend im Meer. Unsere Mutter musste sich das nicht antun und schipperte ganz gemuetlich mit dem Kahn zurueck zum Festland.

Es gab Pellkartoffeln und Stippsosse, Guacomole und Chips, frischen Fisch und herrlichen Wein. Am letzten Abend haben wir Wein aus dem Swan Valley getrunken. Genussvoll. Traurig. Erinnernd an den Unfall. Vorausblickend. Jeder in seinen Gedanken. Ein letztes Mal einen Blick in den Spiegel werfen, ein letztes Mal checken, ob auch alles eingepackt ist, ein letztes Mal einen Blick in das schoene Haus werfen und ein letztes Mal das Garagentor sich oeffnen sehen. Wir sagen Adieu! und wollen es nicht wahr haben.

Alles in allem war es die Erfuellung eines Traums. Ein Traum, der wirklich geworden ist.

No comments: