Friday, October 20

Suchender Wanderer

Der Sommer legt seinen Umhang ab, die bunten Blätter symbolisieren den Wechsel. Zwei Jahreszeiten begegnen sich. Der Herbst ruft den Regen, damit der getrocknete Boden Flüssigkeit aufnehmen kann.

Die Menschen laufen hektisch im Regen von einem Ort zum anderen. Sie versuchen dabei nicht nass zu werden und berauben sich selbst einer erfrischenden Erfahrung. Nach dem Nass kommt das Trocken, so ist der Rhythmus, der einfach überschaubar ist. Niemand muss ernsthafte Konsequenzen fürchten. Außer? Vielleicht einem Schnupfen.

Die Schultern sind hoch gezogen, der Blick ist tief nach unten gerichtet, die Augen eng zusammen gekniffen. Kann man da noch etwas erkennen? Sieht man in diesen Momenten noch, wo der Weg hinführt? Die Bewegung im Alltäglichen ist vertraut und führt in der Regel immer wieder zum gleichen Ausgangspunkt zurück. Nur ein ungewohntes Hindernis kann dazu führen, dass die Orientierung aus dem Gleichgewicht gerät.

Der unbewusst Suchende wird sich winden und anderen Personen oder dem Wetter die Schuld an der Unterbrechung der Gewohnheit geben. Der bewusst Suchende verhält sich hingegen ganz anders. Er lässt sich absichtlich aus dem Rhythmus bringen, ohne in Panik zu geraten oder gar Schuldige zu suchen. Häufig übersieht er aber auch, was das für ein Kraftakt ist. Nicht jeder Mensch ist ein Gleichgesinnter, gar verständnisvoller.

Einsamkeit ist dabei ein häufiger und vertrauter Begleiter, weil es so wenig Menschen gibt, die Gleiches suchen und erfahren. Die Einfühlung dieser in den Suchenden gelingt nur in den aller seltensten Fällen. Der Versuch dazu häufig auch. Der Wanderer kann nur mit einem Gleichdenkenden intensive Gespräche suchen und darf auch mal jammern, ohne dass das gleich wertend kommentiert wird.

Der Wanderer darf auch mal Fragen stellen, die ungewöhnlich sind. Nur muss er damit rechnen, keine Antworten zu erhalten. Er muss auch in Kauf nehmen, dass Antworten lange Zeit brauchen, obwohl er manchmal keine mehr hat. Die Ungeduld macht den Kopf kribbelig und hoch sensibel.

Verlassen kann er sich auf gar nichts außer auf sich selbst. Das macht das Ganze noch intensiver und anstrengender. Hilfe bekommt er nur, wenn er sie sich holt. Kaum Jemand ist in der Lage mal schneller oder vorausschauender zu denken, als der Wanderer selbst, obwohl das Ziel der Wanderung bekannt ist.

Niemand kann er einen Vorwurf machen, nur sich selbst, Zeit vergeudet, zuviel erzählt und eingebracht, zu viel gehofft und erwartet zu haben. Und immer ist er in seinem tiefsten Inneren allein und mit sich.

Schöne Begegnungen hat er durchaus. Menschen, die das Alltägliche vereinfachen, das Bett betten, ein schönes warmes Essen kochen ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Diese Wärme tut dem Wanderer wohl, kann er dabei auftanken und seine Seele baumeln lassen. Die Seltenheit solcher Erlebnisse bestimmt, was in guter Erinnerung bleibt.

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