Monday, October 16

Macht der Stempel

Wenn man einen Stempel hat, dann ist man wer. Verfügt man dann doch über ausreichend Macht über Jemanden, der genau diesen Stempel benötigt. In Gedanken reiben sich einem die Hände, endlich mal wieder einer, der abhängig ist von meiner Laune und meiner Macht.
Dieses Spielchen muss ich nun seit mehren Monaten mit spielen. Die Regeln sind dabei so ungleich verteilt, dass ich mir jedes Mal wie ein Kind, ein Student, ein Bittsteller oder eine Bettlerin vorkomme, wenn ich einen Zug spielen will. Es ist unglaublich, was sich in unseren Behörden, Ämtern und öffentlichen Einrichtungen so alles tümmelt und Entscheidungsmacht hat.
Mittlerweile, kurz nach einem Anfall von Wahnsinn, habe ich zumindest einen Stempel ergattern können. Anders kann ich es gar nicht mehr bezeichnen. Obwohl erkämpft würde es doch wohl noch besser treffen. Leider (oder zum Glück) hatte ich keine Waffen und hätte (entschuldigt diese Gedanken) so manches Mal gerne eine in meiner Tasche gehabt. Ich kann so manch andere Person verstehen, die davon tatsächlich Gebrauch gemacht hat oder zumindest in einer anderen Art gewalttätig wurde.
Zumindest habe ich nun mehrere Stempel unter der übersetzten Studienordnung, die den Australiern mal zeigt, was wir hier alles so während der vielen Semester treiben; und auch mein Beleg dafür, was ich denn genau gemacht habe ist von vielen Stempeln verschönert. Die Certicates of Character trudeln allmählich ein, die ich mir zum Glück nicht so erkämpfen musste. Danke all denen, die mir einen guten Charakter bescheinigen. Alles muss noch kopiert werden, noch mal abgestempelt werden; diesmal vom Notar (findet mal einen Notar, der bezeugt, dass Person X der Person Y einen guten Charakter hat). Dank Eisi habe ich so Jemanden gefunden. Ohne Beziehung wäre dies ein aussichtloses Unterfangen.
Zwischendurch gaben die Guidelines/Richtlinien für die Anerkennung in Australien noch Folgendes zum besten: Alle bereits zertifizierten und beglaubigten Kopien müssen auch noch von der Botschaft gestempelt werden. Als ich das las, habe ich ernsthaft darüber nachgedacht, mein Streben nach offizieller Anerkennung aufzugeben. Habe mich sowieso schon lange gefragt, wann dieser Punkt kommt. Hier war ich so weit. Bei wieder klarem Gedanken habe ich dann doch erstmal nach Australien geschrieben und angefragt, ob das tatsächlich gemacht werden muss. Es gab nach ein paar Tagen und Nächten dann Entwarnung.
Das Papierpaket ist mittlerweile so groß, dass es die 5kg überschreitet. Alles muss in deutscher Sprache (beglaubigte Kopien) und in der Übersetzung (ebenfalls beglaubigt) eingereicht werden. Mein Lebenslauf will noch mit rein und es fällt mir schwer, mich in die Struktur der australischen Form (die selbstverständlich ganz anders als unsere ist) einzufinden. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich meinen Aufenthalt hier in Deutschland verlängern muss, um wirklich alles zusammen zu haben. Gott sei dank meldet sich dann mein Hirn und gibt mir zu verstehen, dass ich mal locker bleiben soll und die viele Zeit auch in Australien damit verbringen kann, um mich selbst, meinen Marktwert, meine Qualifikation und meinen Charakter aufzupolieren.
Trügerisch verlockend, wie die schöne Kulisse im Park. Ich glaube, wenn ich es hier (in Berlin) nicht fertig bringe, dann wird das mein Lebensprojekt.

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