Monday, March 26

Eine Woche

Eine Woche ist vergangen, seit dem ich wieder in der vertrauten Heimat bin. Gestern habe ich im Kopf gezählt, wieviele Menschen ich in dieser einen Woche gesprochen habe. Und ich komme auf ca. 35 Personen (Familie, Freunde, Kursteilnehmer etc.). Den Jetlag in den Griff bekommen, nach Berlin fahren und das erste Kursmodul leiten, Freunde besuchen und treffen usw. - all das zählte zum Kompaktprogramm der ersten Woche. Seit gestern komme ich dazu, mir Ruhe zu gönnen und Luft zu holen. So viele unterschiedliche Reize, denen ich ausgesetzt war, die ich ordnen will.

Nach einer relativ kurzweiligen Flugreise und einer 40-minutigen Verspätung in Hamburg falle ich meiner Schwester, meinem Schwager und meiner Nichte in die Arme. Tränen begleiten das Wiedersehen und die Freude. Dann ca. 2 Stunden Autofahrt von Hamburg nach Güstrow. Mein Blick schweift über das weite Land im Norden und ich beginne auf mein inneres Gefühl zu hören. Ich freue mich, wieder da zu sein. In Güstrow angekommen feiern wir Geburtstag. Die Familie ist komplett und es ist, als ob es nie anders war. Alles ist mir vertraut, wir haben keine Schwierigkeiten den Abend meiner Ankunft sowie den Geburtstag meiner Sister zu feiern. Ich fühle mich wohl; meine Augen allerdings können kaum noch gegen die Schwerkraft ankämpfen. Ich bin schließlich seit über einem Tag auf den Beinen und überwiegend wach geblieben. Um 21.00 geht dieser erste Abend zu Ende und meine erste Nacht beginnt.

Montag um 5.30 schon wieder auf den Beinen. In Perth ist es ja schon 8 Stunden später. Kein Wunder also, dass ich wach bin, auch wenn ich noch müde bin. Frühstück und Kaffee, bevor wir hier in den Tag starten. Ich packe alle meine Sachen aus, richte mich ein und bereite mich vor. Morgen (Dienstag) muss ich nach Berlin. Alles in allem begleitet mich eine unendliche Ruhe. Meine Mutter bereitet ein vorzügliches Mittag und ich muss mich in Acht nehmen, dass ich nicht alles auf einmal esse. Thomas Familie besuche ich am Abend.

Dienstag komme ich in Berlin um 17.30 an. Dank meines Schwagers, der mir ein Auto zur Verfügung gestellt hat, bewege ich mich komplett unabhängig. Das macht die Umsetzung meiner Vorhaben und Planungen wesentlich einfacher. Berlin liegt beinahe im Dunkeln, als ich bei meinen ehemaligen Nachbarn aufkreuze, um dort die Tage von Dienstag bis Samstag zu verbringen. Das herzliche Willkommen, die Vertrautheit meiner alten Wohnumgebung erleichtern mir das Ankommen und Eintauchen in den Alltag, den ich vor knappen 4 Monaten verlassen habe. Mit reichlich vielen Tropfen köstlichen Weins verbringen wir unser Wiedersehen, das herzlicher nicht sein könnte.

Mittwoch morgen weckt mich das innere Lampenfieber. Heute geht es los mit dem Kurs, den ich im letzten Jahr entwickelt habe. 11 Wissbegierige warten ab 11.00 auf mich und wollen Neues lernen. Der Druck in mir wächst, die Verantwortung, die ich für diesen Kurs habe wird mir auf einmal bewusst. Sie reisen aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands an und haben nicht wenig für den Kurs bezahlt. Selbstverständlich bin ich nun am Zug, den Teilnehmern zu zeigen, dass sich ihr Aufwand gelohnt hat.

Ein paar Stunden später am Tag bin ich geschafft, positiv gestresst und schon auf dem Weg, ehemalige Arbeitskollegen in einer Kneipe zu treffen. Die überschwengliche Begrüßung, die uns ein volles Glas Wein kostete :-) ging in einen sehr netten Abend über. Mein Blick schaut aus dem Fenster. Es schneit. Die dicken Flocken holen den Winter zurück und ich freue mich. Im Schnee in Berlin. Ich bin überwältigt. Nachts noch bis um 1.00 gearbeitet, bevor ich noch schnell ein paar Stunden schlafen kann.

Donnerstag bis Samstag reise ich weiter mit der Straßenbahn durch Berlin, rege mich nicht über das miespetrige Wetter auf, sondern genieße jeden Schritt und jeden Blick. Ich sauge alles auf, was mir in den Weg kommt. In meinem Rucksack habe ich bereits jetzt so viele Eindrücke und so viel Freude, dass ich kaum damit umgehen kann. Berlin verzaubert mich und ich weiß, dass ich von dieser Stadt nicht los komme.

Zwischendurch versuchen Thomas und ich zu telefonieren. Er ist interessiert, wie ich mich fühle und voller Sorge vor dem Satz: "Ich will hier bleiben". Es gelingt mir, ihn zu beruhigen. Ich freue mich, wieder nach Perth zurück zu können. Wir haben alles richtig gemacht.

Ich vergleiche täglich jede Bewegung, jede Einstellung, jedes Gehabe, jedes Wort mit meiner neuen Lebenswelt in Australien. Ich rege mich über die Jammermentalität nicht auf, sie gehört hierher wie an keinen anderen Platz der Welt. Ich rege mich nicht auf über die BMW-Fahrer, die mich von der Bahn schubsen wollen, auch sie sind das Symbol der Ungeduld, Schnelligkeit und Arroganz der Deutschen. Ich will nicht werten, nur beobachten. Ich will in mich lauschen, was ich denke und zu mir sage.

Ich bin geduldiger geworden mit mir und meiner Umwelt. Unglaublich, dass ich das sage.

No comments: