Monday, July 30

Insel-Leben

Es ist kein guter Tag, einen Blogeintrag zu schreiben. Warum? Weil ich ziemlich upset, gelangweilt, genervt, down, traurig und wütend bin.

Ich habe noch nicht mal ein Jahr geschafft und muss heute sagen, dass ich ziemlich an der Grenze bin. Ein Zwischenbericht.

Meine Gefühlslage ändert sich täglich, ist absolut instabil und macht mich zunehmend unruhig. Als Brotbüchslerin bin ich einiges gewöhnt, vor allem viel Arbeit. Ungewohnt ist, mich rigide an Anfangs- und Endzeiten halten zu müssen, Urlaub zu beantragen für einen Tag, den ich eigentlich nicht im Arbeitsplan habe, Formalien einzuhalten, und auf Antworten zu warten und zu warten und zu warten. Das nervt mich am allermeisten. Außerdem nervt es mich, die australische Fachliteratur nicht zu kennen und wenn ich danach frage, belehrt zu werden, wie toll das alles ist. So als ob es nichts anderes gibt. Ich fühle mich dann wie ein bloody beginner. Ich hasse das! Es vermittelt mir den Eindruck, vorher noch nie von Fachliteratur gehört zu haben. Das wir in der Ausbildung eben andere Literatur verwendet haben, die durchaus bekannt ist, interessiert hier niemanden.

Es nervt, mich in soziale Gebilde einfinden zu müssen, die ich nicht mag. Mein Lunch im staff room einnehmen und sowieso nicht mitreden können, wenn sie Scherze machen. Jeden letzten Freitag im Monat länger bleiben, weil wir noch Käse und Wein trinken zum Abschluss. Die Ignoranz mancher Kollegen beginnt mir zum Halse raus zu hängen. Manchmal reicht es bei denen nicht mal zum "Hallo". Mein Chef ist nett, keine Frage, aber auch faul. Ich werde mit ihm ab Ende August einen dreiteiligen Konfliktkurs für die Unimitarbeiter machen. Das Konzept entwickle ich alleine. Sein Beitrag ist, nichts zu sagen. Dann mache es doch lieber ganz alleine. Übermorgen stelle ich einen speziellen Beratungsansatz in den Supervisionsgruppen vor. Vorab habe ich an die Teamleiterin einen Entwurf geschickt. Mittlerweile drei Wochen her. Reaktion: Null. Ich merke wie ich trotzig werde, das gleiche ignorante Verhalten entwickle, nicht grüße und auch nicht mehr nach frage.

Grundsätzlich ist alles so langsam. Was ich zu Beginn genossen habe, beginnt mich zu stören. Erden ist gut, aber dann muss es auch wieder in die Luft gehen. Wenn ich Abends mit den Bussen von der Uni nach Hause fahre, verbringe ich eigentlich die meiste beim Umsteigen. Nicht weil die Stufen der Busse so hoch und meine Knochen ungelenkig geworden sind. Sondern weil es Ewigkeiten dauert, bis Anschlussbusse kommen. Und keiner regt sich darüber auf.

Unser bevorstehende Umzug in einen anderen Suburb quält meine Gedanken. Ich will da gar nicht hin und habe das selbst unterstützt. Dort haben wir keinen Supermarkt in der Nähe, wo man auch schnell mal zu Fuß hingehen kann und der bis 20.00 täglich geöffnet hat. Die Post ist ebenfalls in weiter Ferne, mit dem Bus zur Uni wird es noch länger dauern, mit dem Auto auch. Ich bin so sauer, dass ich diesen Vertrag unterschrieben habe. Mehr Geld und viel weniger Komfort, innen wie außen. Wie blöd bin ich eigentlich. Wenn ich könnte, würde ich das rückgängig machen. Aber da wir als Mieter gar kein Recht haben, würden wir dann wohl Miete zahlen müssen, bis wir arm wie die Kirchenmäuse sind.

Als ich heute morgen im Bus saß, wurde mir schlagartig bewusst, an was mich das alles erinnert. Davon berichte ich jetzt hier nicht. Ich weiß auch noch, wie sich mein Verhalten damals drastisch verändert hat. Und ich erinnere mich auch noch, wie der Nährboden für mein Heimweh rapide gewachsen ist.

Frage mich, ob ich wieder weg will und ich antworte mich ja. Frage mich, ob ich gerne hier bin und ich sage nein. Frage mich, ob ich mich langweile und ich sage ja. Frage mich, ob ich es bereue und ich antworte: Nein.

Familie: Bitte nicht nervös werden. Ich bin beeindruckt, was mit mir und in mir passiert. Ich weiß, dass ich/wir jederzeit die Notbremse ziehen kann/können. Also bitte wieder durchatmen.

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