Friday, January 18

Die Kata

Heute vor einer Woche war ich bereits von Hamburg nach Güstrow unterwegs. Ich freue mich, hier zu sein, ohne Hektik und Verpflichtungen. Keine Arbeit, keine weiten Fahrten. Nur Familie und ein paar Freunde.

Die Zeit ist ausgefüllt und lässt viel Raum für Beobachtungen und Neuentdeckungen. Und auf einmal gefällt mir Güstrow wie nie zuvor.

Wenn da nicht immer wieder engstirniges typisch deutsches Verhalten meine Eindrücke trüben würden. In der Apotheke fragte ich beispielsweise nach bestimmten Ohrentropfen (wenn man Wasser im Ohr hat), die ich bereits in Australien gekauft und an mir ausprobiert habe. Hier bekomme ich einen Blick von oben, ich sehe geradezu wie die Dame hinter dem Schalter wächst und mir zu verstehen gibt, dass es so etwas nicht geben kann. Ohne ein weiteres Interesse, ohne ein weiteres Bemühen, um welches Zaubermittel es sich handeln könnte. Ohne die Suche oder das Angebot von Alternativen. Fertig waren wir und ich hatte eigentlich nichts anderes erwartet (dieses Verhalten hat nichts mit Güstrow zu tun, sondern mit einem generellen Benehmen im Servicebereich). Und ich kam mir sofort klein und dumm vor. So als ob ich gerade einem Harry Potter Buch entstiegen bin und unter einem Realitätsverlust leide. Ich habe noch einige Beispiele dieser Art, verzichte aber auf die weitere Beweisführung meiner Wertung.

Fairerweise habe ich dafür eine Begegnung mit einer Ärztin gehabt, die in mir ein vertrautes Gefühl weckte. Bewusst suche ich hier einen Facharzt auf, zu dem ich nur über das Halb tot sein in Australien vorgelassen werden würde (so jedenfalls mein aktueller Kenntnisstand). Und ich werde behandelt wie ein Star hier. Behutsam, umfangreich, zuverlässig und kompetent. Nun ja. Ich bin aber auch Privatzahler. Ganz sicher ist das eine andere Perspektive. Als Kassenpatient hätte ich vielleicht nicht so einen Check up bekommen.

Ansonsten urlaube ich und entspanne. Gestern fand ich mich auf einmal in einer Turnhalle wieder, die mitten auf einem Feld steht und im Dunkeln wirklich nur zu finden ist, wenn die Scheinwerfer des Autos groß genug sind. Es ist Karatekurs für Anfänger. Was ich dort tue? Ich sehe meiner Nichte zu, wie sie sich bemüht, diverse Koordinationen mit Armen und Beinen durchzuführen. Ich verstehe es nicht mal beim hinsehen und mein Selbstversuch scheitert bereits in meinen Gedanken. Als ich frage, ob ich zusehen darf, erhielt ich folgende Antwort: "Mitmachen ist die Divise. Schließlich ist man ja auch nicht nur halb schwanger." He? Ich denke, was ich mir da wieder eingebrockt habe und setze mich nach dem Ausziehen meiner Schuhe auf die Bank und rühre mich nicht mehr. Hoffend, dass ich nicht noch einmal aufgefordert werde, mich einzureihen und "Go" mitzuschreien. Ich habe Glück gehabt. Ich durfte sitzen bleiben und hatte auch so meinen Spaß.

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