Friday, April 13

Allen Enttäuschten

In Deutschland zu sein bedeutet für mich Freude des Wiedersehens, aber auch Arbeitsdruck, Stress, Jedem gerecht werden, von einem Ort zum anderen fahren/gehen/laufen, Wünsche erfüllen, Hoffnungen befriedigen und Erwartungen stillen.

Nicht alle Freunde oder Bekannte konnte ich wiedersehen. Nicht alle von Ihnen haben einen Versuch unternommen, mich zu kontakten. Dennoch werden Enttäuschungen formuliert, die mich traurig machen, aber auch verärgern.

Nur wenige Freunde konnte ich treffen, zu wenig Zeit konnte ich meiner Familie spenden. Es ist wie in der Mitte eines Tau's zu stehen. Dabei wurmt mich die "Bequemlichkeit" so manch Einem, der nichts dafür tut, mich zu treffen oder zu sprechen. Mich wurmt, dass so manch Einer enttäuscht ist, obwohl er nicht das Recht dazu hat.

Hinter mir liegen 16.000 km Flug, zwei Zeitumstellungen, 4 Wochen Deutschland, zig Telefonate, 3 mal 8 Stunden Kurstage, und viermal mehr Vor- und Nachbereitungen dafür. Hinter mir liegen nur wenige Treffen mit Freunden. Hinter mir liegt immer noch das schlechte Gewissen, zu wenig DA zu sein. Hinter mir liegt der tagtägliche Druck. Hinter mir liegt die Organisation diverser Arzttermine. Hinter mir liegt die Korrespondenz mit dem australischen Berufsverband, der noch zwei schriftliche Referenzen haben will. Hinter mir liegt zum Glück nun endlich meine Berufsanerkennung vom Board. Hinter mir liegt die emotionale Begleitung Unglückseliger. Hinter mir liegen aber auch 5 Tage Ostern mit meiner Familie (das war mein Urlaub!).

Vor mir liegen 4 mal 8 Stunden Kurs in Berlin. Vor mir liegen Abende in Berlin, an denen ich meine ganzen Planungen ändere, Materialien auswerte und mir Gedanken mache, es noch teilnehmer orientierter zu gestalten. Vor mir liegen noch zwei nette Abende mit Freunden (Ihr Anruf begann mit "Wann sehen wir uns, ich bin flexibel und komme dahin, wo es am besten ist für Dich?"). Vor mir liegen noch wenige Tage in Gemeinsamkeit mit meiner Familie. Vor mir liegt noch der emotionale Abschied. Vor mir liegen noch einmal 16.000 km und eine Zeitumstellung. Vor mir liegt der neue Job in Perth, den ich gut machen will.

Wie vielen Menschen gelingt es eigentlich wirklich, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen?

Euch Enttäuschten wünsche ich alles Gute und die Kraft, mit mir im Kontakt zu bleiben. Mir wünsche ich, dass ich mich von den Teilen des schlechten Gewissens frei machen kann, die überhaupt keine Berechtigung haben.


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